Geldsegen und gebremste Euphorie
Die Stadt nimmt bis 2018 voraussichtlich 20 Millionen Euro mehr Steuern ein. Politiker reagieren noch verhalten.
Kaarst. 7,5 Millionen Euro — das bliebe in etwa nach der Rechnung von Landrat Hans-Jürgen Petrauschke vom unerwarteten Steuersegen in einer Höhe von rund 20 Millionen Euro für die Stadt Kaarst über. Die Stadt erwartet Gewerbesteuer-Nachzahlungen aus 2015 und 2016 in Höhe von jeweils 7,5 Millionen Euro sowie die Vorauszahlung für 2017. Allerdings ist der Steuerbescheid noch nicht rechtskräftig. Aus der Kämmerei der Stadt gibt es dazu keine Aussagen, sie verweist laut Stephan Adams aus dem Bürgermeisterbüro auf das Steuergeheimnis.
GünterKopp, FDP-Fraktionschef
Rund 15 Prozent der Summe gingen für die Gewerbesteuerumlage drauf (drei Millionen Euro), 40 Prozent für die Kreisumlage (acht Millionen) und „im Zweifel, wenn sie denn bleibt, 1,5 Millionen Euro für die Solidarumlage“, sagt Petrauschke, der gleichzeitig auch warnt: „Auch wenn eine Steuernachzahlung immer schön ist — sie hilft nicht, die strukturelle Unterdeckung des Haushalts in den Griff zu bekommen.“ Der von der Politik verabschiedete Etat der Stadt Kaarst umfasst rund 110 Millionen Euro, das Defizit beträgt rund fünf Millionen Euro, und die allgemeine Rücklage wurde um 1,8 Millionen Euro reduziert.
Für den Grünen-Fraktionschef Christian Gaumitz gibt es derzeit noch zu viele Unwägbarkeiten in der Sache, sodass er keine Angaben über eine mögliche Verwendung des Geldes machen möchte: „Das wäre unseriös“, sagt er. CDU-Chef Lars Christoph reagiert ganz pragmatisch. „Wenn es so kommt, können wir erst mal das Defizit ausgleichen und mit dem Rest die Ausgleichsrücklagen auffüllen.“ Wenn die Steuernachzahlungen der vergangenen zwei Jahre noch 2017 verbucht werden, „gehen wir mit einem Plus von zehn Millionen für die Rücklage aus dem Jahr“, sagt er und erklärt auch ganz deutlich: „Zusätzliche Ausgaben kommen überhaupt nicht in Frage.“ Zudem sei derzeit auch unklar, ob Kaarst nicht im nächsten Jahr mit erhöhten Ausgaben für Gewerbesteuer- und Kreisumlage rechnen müsse.
Anneli Palmen (SPD) kann sich vorstellen, die Rücklage aufzufüllen: „Dann muss man sehen, was übrig bleibt.“ Aber sie sagt auch: „Wir haben in der SPD noch gar nicht über das Thema gesprochen.“ Und ergänzt: „Wir tun aber sicher gut daran, noch nicht in große Euphorie zu verfallen.“ Auch FDP-Fraktionschef Günter Kopp reagiert zurückhaltend: „Wir können doch nicht das Fell von einem Bären verteilen, von dem wir noch nicht mal wissen, ob er erlegt ist. “
Josef Karis, Fraktionsvorsitzender der Freien Wählergemeinschaft im Ortszentrum, würde den Kindergartenbeitrag streichen, sollte es bei 20 Millionen Euro bleiben: „Das würde sechs Millionen Euro kosten.“ Außerdem stellt er sich vor, für etwa fünf Millionen Euro die Steuer um zehn Prozent zu senken, um kapitalkräftige Bürger und Firmen anzulocken. Das würde auch Kaarst attraktiver machen. „Wieso sollte man die Bürger nicht entlasten?“, fragt er, schränkt aber auch ein: „Bei den Gewerbesteuereinnahmen muss man vorsichtig sein: Ein Unternehmen kann im nächsten Jahr Verlust und diesen finanziell geltend machen.“