Goethes Iphigenie auf Tauris - Kulturen prallen aufeinander
Goethes Schauspiel Iphigenie auf Tauris feiert am Freitagabend Premiere.
Neuss. Es ist eine Geschichte, in der zwei Kulturen aufeinander prallen. Es ist aber auch eine Geschichte der Liebe und der Migration. Antje Thoms inszeniert Goethes „Iphigenie auf Tauris“ im Rheinischen Landestheater (RLT) in Neuss. Freitag, 20 Uhr, ist Premiere.
„Der Schwerpunkt liegt eindeutig auf den zwei Kulturen, der der Griechen und der der Taurer. Es geht um die Frage, wer entscheidet, welche Lebensweise die richtige ist“, sagt Thoms. Die Regisseurin arbeitet zum ersten Mal am RLT. Ihr ist es wichtig, Iphigenie nicht als Idealbild zu inszenieren, sondern als „Frau in Not“, als Mensch, der greifbar ist. „Iphigenie ist eine kluge Frau, aber keine Heilige. Auf der Bühne braucht man Figuren, mit denen man etwas anfangen kann“, erklärt Thoms.
In dem Schauspiel von Goethe strandet die Griechin Iphigenie auf der Insel Tauris. Dort hätte sie eigentlich den Opfertod sterben müssen, wie es auf Tauris Tradition ist. Doch sie überlebt und zieht als Priesterin in den Tempel ein. Thoas, der Herrscher der Insel, verliebt sich in sie. Als Iphigenie seine Gefühle nicht erwidert, zwingt er sie, das Opfern von Fremden wieder einzuführen. Der erste Fremde auf Tauris ist ihr Bruder Orest.
„Den Part der Taurer haben wir in dieser Inszenierung gestärkt. Die Zuschauer sollen auf der Bühne sehen, wie die Barbaren leben“, sagt Dramaturgin Stefanie Schnitzler. Wie im gesamten Stück soll auch hier keine Schwarz-Weiß-Zeichnung entstehen. Besonders deutlich wird das bei den Kostümen der Taurer. „Sie tragen Kleidung, die ich aus dem bunten Wollschal gefertigt habe, den Neusser Bürger 2008 gestrickt haben“, erklärt Ivonne Theodora Storm, zuständig für Bühne und Kostüm. Im Rahmen der Aufführung des Kinderstücks „Das rote Schaf“ hatten die Zuschauer einen über 130 Meter langen Schal gestrickt. Der ein oder andere könnte also in den Kostümen der Barbaren sein Strickwerk wiederentdecken. Ansonsten ist die Bühne eher karg. Bestimmt wird sie durch einen Felsen, der aus dem Meer herausragt, und losem Strandgut.
Das Stück dauert eine Stunde und 45 Minuten — Antje Thoms hat das Werk stark gekürzt und auch andere Fassungen einfließen lassen. Eine Pause gibt es nicht. Katharina Dalichau verkörpert Iphigenie, Joachim Berger den Herrscher Thoas. Noch gibt es Restkarten ab 12 Euro.