In Hemmerden sind die Jecken geschlüpft
Der 41. Karnevalszug in Hemmerden war ein Spektakel mit Kostümwettbewerb, Kamelleregen und familiärer Atmosphäre.
Hemmerden. Sergeantin Drill führte einen Delinquenten am Arm, die Geisterjäger nahmen noch mal einen tiefen Schluck aus der Pulle — gefüllt mit Apfelsaft — und Tanja, Britta, Kiki, Sabrina, Marie und Regina, wie in jedem Jahr beim Straßenkarneval in ihrem Hemmerden dabei, zupften die Punk-Frisuren zurecht. Damit der Karnevalszug gestern in Hemmerden pünktlich um 14.11 Uhr beginnen konnte, waren alle Teilnehmer rechtzeitig am Start. Facettenreich und bunt präsentierten sich die Teilnehmer, insgesamt 35 Gruppen auf zwölf Großwagen oder auf ihren Füßen unterwegs, insgesamt etwa 500 Kamelle-Werfer. Seit 1977 ist der Stadtteil mit seinem eigenen Programm maßgeblich Gestalter der Fünften Jahreszeit, die 41. Auflage dieses Festtagtermins im Herzen des Quartiers hat „im Schützenzug seinen Ursprung und wird seit vergangenem Jahr von den Karnevalsfreunden Hemmerden organisiert“, wie Michael Aretz, 1. Vorsitzender des närrischen Trupps und in eine „Helau!“-Polizei-Uniform gehüllt, berichtete. An seiner Seite Heinz Koch, traditionell als Clown zurechtgemacht. „In dieser Saison passen Hosen und Jacke sehr gut“, verwies er auf seine „wiedermal schmalen Hüften“.
„Wir sind hier unheimlich gerne“, erklärte Lammert de Boer. „Das ist hier super-familiär und ohne Rempeleien“, freute er sich darüber, wie Tochter Juliette (6) und Sohn Laurenz (10) mit entsprechenden Tüten ausgerüstet den Kamelleregen genossen. „Ja, das Wetter könnte besser sein“, fanden Fred und Cindy. „Deshalb haben wir uns in Ganzkörperklamotten aus Plüsch gehüllt“, erklärten die zwei ihre Outfits in Bären- und Leopardenoptik. Entlang der Adressen Pfannstraße, Landstraße, Schulstraße und Sebastianusstraße waren außerdem Banditen, Klosterschülerinnen und zierliche Blüten zu sehen. Alle fröhlich und unkompliziert miteinander feiernd, kein Gerempel, kein Gedränge — vielleicht dem miesen Wetter geschuldet, war genug Platz für jedermann im Kamelleregen. „Ich sammel alles“, verkündete Anne (5) im Tigerkostüm. Und so schaufelte sie in ihre Jutetüte, was ihr zuflog: Bonbons einzeln und als Rolle, Parkscheiben, Lakritz, Haushaltsschwämme und Popcorn. Was sie nicht einsammelte, blieb nicht liegen, sondern fand den Weg in die Taschen der Nachbarn. Bestaunt, aber wenig bejubelt, wurden die Großwagen. „Wir sind 28 Leute und Freunde“, erklärte der als Klebemitteltube verkleidete Simon Nicklas in Richtung „eingefleischter Gemeinschaft“. Sportlich nahmen es Fußball-Fans. „Wir sind seit 30 Jahren dabei und diesmal mussten wir den HSV thematisieren“, erzählte er hinsichtlich des „Relegationsmeisters“, der mehrfach um den Abstieg aus der ersten in die zweite Liga in letzter Sekunde gekommen war. Das Wagenmotto jetzt, der aktuellen Fußballsaison geschuldet, hieß: „So fährt man in die 2. Liga“. Sichtliches Vergnügen hatte auch eine Truppe als Spielkarten verkleideter Leute. Die Herzdame gab Raphaela Sielen, amtierende Hoheit aus Steinfurt-Rubbelrath. Lebenslänglich jenseits des närrischen Treibens haben Manfred und Anne miteinander. Als „0815“-Gefangene marschierten sie jetzt im Zug zusammen mit der in Ketten gelegten Claudia, Aaron und Sylvia, die Plüsch-Handschellen dabei hatte. Einer der Hingucker des Nachmittags waren die niedlichen Küken im Ei. Bereits am Vorabend beim Kostümball hatten sie mit diesen komplett selbst erdachten und handgefertigten Outfits den ersten Platz belegt. Nach dem Straßenkarneval war das Vergnügen keineswegs vorbei: Im Zelt hatten die Karnevalsfreunde weiteres Amüsement organisiert.