Ins Theater dank der Kulturloge
Modell in anderen Städten: Nicht verkaufte Tickets an Bedürftige abgeben.
Neuss. Marburg hat es erfunden, inzwischen gibt es diverse Nachahmer wie Hamburg und Essen, Gießen und Berlin. Die „Kulturloge“ funktioniert nach einem einfachen Prinzip. Kulturinstitute wie Theater und Orchester geben absehbar nicht zu verkaufende Karten an einen sozialen Träger oder eigens gegründeten Verein, der die Karten wiederum an Menschen weitergibt, die sich den Preis für ein Konzertticket oder die Theateraufführung nicht leisten könnten. Kultur, so das Credo der Marburger Initiatoren, dürfe einfach kein Luxusartikel sein. Nun beantragen die Grünen, die Einführung einer solchen Kulturloge auch in Neuss zu prüfen.
Die Erfahrungen aus anderen Städten zeigten, dass der Erfolg der Kulturloge auf der persönlichen Ansprache beruhe, betont Hedwig Claes von den Grünen. So würden sozial Bedürftige „vielfach erst angeregt, kulturelle Veranstaltungen zu besuchen, obwohl sie schon jetzt deutlich ermäßigte Eintrittskarten erhalten könnten“, heißt es in dem Antrag. So könnten, wie es durch Projekte für Kinder und Jugendliche bereits geschehe, materielle wie immaterielle Zugangsbarrieren überwunden werden.
Bettina Jahnke, Intendantin am Rheinischen Landestheater, ist mit den Grünen bereits im Gespräch. „Ich halte das für einen machbaren und höchst spannenden Ansatz“, sagt die Theaterfrau. Natürlich sei zunächst zu prüfen, „wer es denn mit wem wie macht“. Für die Intendanz des Landestheaters aber signalisiert sie: „Bereitschaft und Offenheit sind da.“
Auch Hans Ennen, Chef der Alten Post, kann der Idee der Kulturloge viel abgewinnen. Für Veranstaltungen in dem Kulturforum an der Neustraße ließe sich das allerdings nur begrenzt umsetzen, richtet sich doch die Künstlergage meist nach den verkauften Eintrittskarten. Die soziale Komponente aber werde auch in der Alten Post gesehen, sagt Hans Ennen: Es gebe viele Rabatte, gerade bei interkulturellen Veranstaltungen. So werden etwa Karten für die „Musterkanaken“, die 12 Euro kosten, verbilligt auch für 4 Euro abgegeben.
Orchestermanager Martin Jakubeit spricht für die Deutsche Kammerakademie Neuss am Rhein von „einer eigentlich schönen Sache“. Das Problem werde wohl die Organisation. Zudem habe die Kammerakademie dank der sehr guten Abonnementzahlen und einer Auslastung in den Konzerten von mehr als 90 Prozent kaum Restkarten zu vergeben.
Kulturdezernentin Christiane Zangs betont, selbstverständlich habe sie „nichts gegen eine möglichst große Teilhabe“ und sehe eine solche Kulturloge grundsätzlich sehr positiv. Auch sie sieht aber Probleme bei der Überprüfung der Bedürftigkeit. Wenn der Kulturausschuss den Antrag zur Prüfung annehme, werde die Kulturverwaltung natürlich auf die Erfahrungen der anderen Städte zurückgreifen. „Wir müssen das Rad ja nicht neu erfinden“, sagt sie.
Am 7. Februar wird sich der Kulturausschuss ab 17 Uhr im Ratssaal mit dem Thema befassen.