Jobcenter hilft beim Ausstieg aus dem Minijob

168 Menschen wurden 2011 im Rhein-Kreis Neuss in ein Normalarbeitsverhältnis vermittelt.

Rhein-Kreis Neuss. Minijobs auf 400-Euro-Basis boomen: Laut der aktuellsten Daten der Bundesagentur für Arbeit aus dem September 2011 waren im Rhein Kreis-Neuss rund 37 400 Menschen geringfügig beschäftigt. Jeder fünfte Beschäftigte ist derzeit als Minijobber angestellt. Rund 3000 davon beziehen Arbeitslosengeld II (ALG II) als ergänzende Sozialleistung. Minijobs gibt es vor allem im Transportgewerbe, in Hotels und Gaststätten sowie im Einzelhandel.

Das Jobcenter des Rhein-Kreis Neuss hat 2006 ein Projekt ins Leben gerufen, um Minijobber in sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse zu vermitteln. Im vergangenen Jahr verschafften die vier Mitarbeiter des Projekts 168 geringfügig beschäftigten ALG II-Empfängern so einen Job, von dem sie ohne staatliche Unterstützung ihr Leben bestreiten können. „Ein Minijob kann Fluch und Segen zugleich sein“, sagt Teamleiter Tomas Kampf. Wer langfristig in einem Minijob arbeitet, laufe Gefahr, in eine Altersarmut zu geraten. Denn im Gegensatz zu sozialversicherungspflichtigen Jobs können nur geringe Rentenansprüche erworben werden.

Grundsätzlich betrachtet Kampf die 400-Euro-Jobs als Brücke in ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis. Laut Studien des Institutes der Deutschen Wirtschaft sowie der Deutschen Rentenversicherung gelingt das jedem vierten beziehungsweise dritten geringfügig Beschäftigten.

Das sehen Experten des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung anders: Lediglich neun Prozent der geringfügig Beschäftigten wechseln demnach in ein Normalarbeitsverhältnis. Die 400-Euro-Jobs seien aus dem Ruder gelaufen. Die Minijobber erhielten niedrigere Stundenlöhne als andere Beschäftigte.

Das Jobcenter im Rhein-Kreis Neuss bewertet die Brückenfunktion der Minijobs hingegen als erfolgreich. 93 Prozent der geringfügig Beschäftigten seien vermittelt worden, ohne dem Arbeitgeber dafür einen Zuschuss zu zahlen. Kampf: „Das spricht für eine erfolgreiche, passgenaue Vermittlungsarbeit.“

In dem Projekt betreuen die vier Mitarbeiter Langzeitarbeitslose und so genannte Neukunden, die erst seit kurzem ALG II beziehen. Als Voraussetzung bringen sie einen 400-Euro-Job mit. „Wer einen Minijob hat, ist näher am Arbeitsmarkt als jemand ohne eine Tätigkeit“, meint Arbeitsvermittlerin Claudia Wannack. Das Team nehme nach Gesprächen mit dem Arbeitnehmer Kontakt mit dem Arbeitgeber auf, um zu klären, ob der Minijob auf ein sozialversicherungspflichtiges Stelle ausgebaut werden kann.

„Dem Unternehmen soll dabei natürlich kein Nachteil entstehen“, sagt Tomas Kampf. In vielen Bereichen, wie zum Beispiel bei der Kranken- und Altenpflege, sei es jedoch oft möglich, mehrere Minijobs zu einem Normalarbeitsverhältnis zusammenzulegen. Sei das nicht möglich, helfe das Jobcenter den Minijobbern, einen anderen Arbeitgeber zu finden. Kampf: „Wir suchen Arbeitsstellen mit einem Einkommen, mit dem man auf eigenen Beinen stehen kann.“