Jugendliche gestehen Überfälle
Sechs 15- bis 20-Jährige sind angeklagt. Sie sollen Senioren und Supermärkte beraubt haben.
Neuss. Den 17. Januar wird er nie mehr vergessen. Der 87 Jahre alte Rentner, der am Freitag vor dem Jugendschöffengericht Neuss aussagte, und seine 85 Jahre alte Frau wurden an diesem Tag in ihrem Haus in Selikum von einer Gruppe Jugendlicher überfallen, verletzt und ausgeraubt.
Als das Ehepaar gegen 20 Uhr vor dem Fernseher saß, klingelte es an der Haustür. Der 87-Jährige, der als Nebenkläger auftritt, öffnete. „Vor mir stand ein Vermummter und hielt mir eine Pistole vors Gesicht“, erinnerte sich der Rentner. Er habe die Situation als „unmittelbare Lebensbedrohung“ empfunden und intuitiv die Pistole weggestoßen.
Daraufhin drangen die maskierten Jugendlichen ins Haus ein und stießen ihn gegen einen Spiegel, berichtete der 87-Jährige: Dabei zog er sich eine Schnittwunde zu. Später wurde er ein weiteres Mal umgestoßen. Dabei erlitt er schwere Muskelverletzungen an den Schultern.
„Ich habe bis heute so starke Schmerzen, dass ich nachts aufwache.“ Es handele sich um einen bleibenden Schaden. Seine Frau fiel bei dem Gerangel ebenfalls hin und brach sich das Steißbein. Beide lassen sich bis heute von der Opferhilfe psychisch betreuen.
Die sechs Angeklagten im Alter von 15 bis 20 Jahren, die sich selbst nach dem gleichnamigen Gangsterfilm „Chiko“ nannten, verfolgten die Aussage des Rentners mit gesenkten Köpfen. Sie müssen sich nicht nur wegen dieses Überfalls vor Gericht verantworten.
Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen eine ganze Reihe von Straftaten vor. Ein Raubüberfall auf ein weiteres Rentner-Ehepaar, fünf Überfälle auf Supermärkte mit Pistole und Reizgas sowie zwei Wohnungseinbrüche sollen die Jugendlichen zwischen August 2011 und Januar 2012 in unterschiedlichen Konstellationen verübt haben.
Direkt zu Beginn der Verhandlung gaben die Angeklagten zu, an den Taten beteiligt gewesen zu sein. Allerdings machten sie zum Teil unterschiedliche Angaben, wer von ihnen an welchen Verbrechen mitwirkte. Zudem waren sich nicht alle einig, ob bestimmte Straftaten geplant waren oder spontan zustande kamen.
Zum Überfall auf den 87-Jährigen und seine Frau sagte ein Beteiligter aus, man habe sich ursprünglich getroffen, um Computer zu spielen. Ein anderer widersprach und erklärte, dass ein Überfall bereits im Vorfeld geplant gewesen sei.
Der Prozess wird am nächsten Freitag fortgesetzt.