Kirchliche Hochzeiten sind out

Immer weniger Paare in Kaarst möchten Gottes Segen. Die, die ihn wollen, haben spezielle Wünsche.

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Kaarst. In Kaarst heiraten seit Jahren etwa die gleiche Anzahl an Paaren. Zumindest standesamtlich. Geht es um die kirchlichen Trauungen sehen die Zahlen anders aus. Jahr für Jahr sind es weniger Paare, die sich den Segen Gottes holen wollen. Die, die noch kirchlich heiraten, haben dafür ganz besondere Wünsche.

Im vergangenen Jahr trauten der Standesbeamte Stefan Borck und seine Kollegin insgesamt 175 Paare. 2015 waren es mit 169 nicht viel weniger. Mitte der 80er Jahre bis Mitte der 90er Jahre sei die Zahl deutlich höher gewesen. „Da waren wir bei weit über 260 Trauungen im Jahr“, sagt Borck. Er hat auch eine Erklärung dafür parat: „Das liegt an dem demografischen Wandel. Viele aus den geburtenstarken Jahrgängen der 60er Jahre haben in den 80er und 90er Jahren geheiratet.“ Anfang der 2000er Jahre habe sich die Zahl dann bei 170 Trauungen eingependelt.

Borck übernahm dieses Jahr zwölf von 24 Trauungen. Dabei stand ihm genau eine Braut im weißem Hochzeitskleid gegenüber. „Viele tragen das Kleid nur, wenn sie direkt im Anschluss ihre kirchliche Trauung haben“, sagt der Standesbeamte. Natürlich schließen viele Paare die Hochzeit in der Kirche nicht immer unmittelbar an die standesamtliche an, aber die wenigen weißen Kleider, die Borck erlebt, passen zu den Zahlen der kirchlichen Trauungen in Kaarst. Diese sind in den letzten Jahren nicht konstant wie die der Standesämter, sondern sinken. Erst ein Paar heiratete dieses Jahr in einer der evangelischen Kirchen in Kaarst. Im vergangenen Jahr ließen sich 14 Paare segnen. 2015 waren es 16. Deutlich mehr waren es in den Jahren 2014 und 2013. In beiden Jahren waren es 27 Paare. Pfarrer Martin Pilz von der evangelischen Kirchengemeinde in Kaarst kann sich den Rückgang nicht erklären. „Die Kirche in Kaarst ist sehr stabil und immer noch gefragt“, sagt er. Der Mitgliederschwund sei nicht so hoch. „Vielleicht hat es etwas damit zu tun, dass in Kaarst viele alte Menschen leben und weniger junge, die vielleicht auch heiraten wollen“, sagt Pilz. Taufen hätten sie viele. „Junge Familien ziehen nach Kaarst und wollen ihre Kinder taufen lassen. Verheiratet sind die Paare aber oftmals schon“, sagt er.

Auch in der katholischen Kirche lassen sich immer weniger Paare trauen: 2013 waren es 45 Hochzeiten, 2014 dann 41, 2015 nur noch 32 und im letzten Jahr schließlich 31. Für dieses Jahr sind bisher ebenfalls 31 Hochzeiten angemeldet. Peter Seul, leitender Pfarrer der katholischen Pfarreiengemeinschaft, erklärt sich den Trend so: „Die Bindungskraft zur Kirche geht zurück. Deshalb heiraten weniger Menschen kirchlich.“

Die Pfarrer beider Kirchen stellen allerdings unisono fest: Die Paare, die sich noch für eine kirchliche Trauung entscheiden, wünschen sich individuellere, persönlichere Hochzeiten. „Ich hatte vor Kurzem ein Paar, das nach amerikanischem Vorbild in die Kirche zum Altar getanzt ist. Erst tanzte der Mann, dann kam die Frau herein“, erzählt Pilz. In der St. Martinus-Kirche hatte eine Hochzeitsgesellschaft viele rote herzförmige Luftballons verteilt. „Das fanden wir nicht so gut“, sagt Seul. „Die Kirche ist schließlich kein Party-, sondern ein Gotteshaus.“ Bei der Musikauswahl, dem Schmuck der Bänke und der Blumen sind nach Angaben der Pfarrer die Paare kreativer als früher. „Wir haben die Aufgabe, die individuellen Wünsche mit der traditionellen Messe zu vereinbaren“, so Seul.