Kleines Bad als Verrechnungsstelle
Das Konradbad als einziges in städtischer Obhut hat ausgedient.
Neuss. Die Bäder in Neuss gehören seit einigen Jahren den Stadtwerken, genauer der Stadtwerke-Tochter NBE. Das ist allgemein bekannt. Ein kleines Bad in Gnadental aber ist im klassischen Sinn städtisch geblieben: Das Konradbad, genutzt von Kindern der umliegenden Grundschulen und Schwimmern der Rheuma-Liga, ist bei der großen Transaktion im Jahr 2003 außen vor geblieben — aus gutem Grund. Bei der Sonderstellung geht es um eine steuerrechtliche Konstruktion, die schon viele Jahre vor der Übernahme der Bäder durch die Stadtwerke Bestand hatte.
Jetzt aber scheinen die Tage des kleinen Schwimmbads neben der Grundschule St. Konrad gezählt.
Einheiten innerhalb von Stadtverwaltungen, bei denen im weitesten Sinn „Geld über die Theke geht“, wie es Stadtkämmerer Frank Gensler sagt, werden vom Finanzamt steuerrechtlich als „Betrieb gewerblicher Art“ (BGA) betrachtet. So soll durch die entsprechende Besteuerung Wettbewerbsgleichheit hergestellt werden.
In der Neusser Stadtverwaltung gibt es zahlreiche BGA, einen davon mit spezieller Zusammensetzung: So wurden die — mit hohen Verlusten arbeitenden — städtischen Bäder in einen BGA mit den Aktien des Neusser Bauvereins und denen von RWE zusammengeführt. Die Kapitalertragsteuern auf die Dividenden konnten mit den Bäderverlusten verrechnet werden. Da diese Verluste stets deutlich über den Gewinnen lagen, wurden die Verluste Jahr für Jahr vorgetragen.
Als nun 2003 Südbad, Stadtbad und Nordbad in die neu gegründete NBE übertragen wurden, mussten die Verlustvorträge in der BGA verbleiben — und dafür brauchte man das Konradbad quasi als Packesel.
Während die „neuen“ Verluste der Bäder bei den Stadtwerken durch einen Querverbund mit den Gewinnen aus dem Energiesektor komplett verrechnet werden können, wurden die alten Verlustvorträge Schritt für Schritt durch die Verrechnung mit der Steuer aus den Aktiengewinnen „aufgezehrt“. 2012 ist nun Schluss, der BGA als steuerrechtliche Konstruktion wird überflüssig. Aus Sicht der Neusser Finanzverwaltung hat das Konradbad damit seine Funktion erfüllt.
Im Haushaltsplanentwurf der Verwaltung für 2012 wird darauf hingewiesen. „In die Konsolidierungsbemühungen wurde auch eine mögliche Schließung des Konradbades einbezogen“, heißt es in den allgemeinen Erläuterungen.
Wie es mit dem Schwimmbetrieb in Gnadental weitergehen wird, ist offen. Im Konradbad müsste jedenfalls umfangreich saniert werden, betont der Stadtkämmerer ...