Mordvorwürfe: Angeklagter schweigt
Seit gestern muss sich ein 48 Jahre alter Hackenbroicher vor dem Kölner Landgericht verantworten. Angeklagt ist er wegen heimtückischen Mordes sowie der Anstiftung zu einem Mord. Seit Mitte April sitzt er in Untersuchungshaft.
Dormagen. Der Hackenbroicher wirkt gelassen, als er in Handschellen in Saal 213 des Kölner Landgerichts geführt wird. Der 48-Jährige ist fast zwei Meter groß, hat breite Schultern, seine dunkelblonden Haare sind an den Seiten abrasiert. Als er später an diesem Tag seine Freundin im Zuschauerraum erblickt, kann er ein Grinsen nicht zurückhalten. Was die Staatsanwaltschaft ihm vorwirft klingt wie aus einem Drogenfilm. Der Mann, der vor vielen Jahren mal Informatik studiert hat, dann aber „in die kriminelle Szene gezogen wurde“, wie er seiner Freundin aus dem Gefängnis schrieb, soll am 10. Januar 2016 einen damals 30 Jahre alten Kölner erstochen und die Leiche mit Hilfe eines Kumpels in einem Wald an der Landstraße 84 bei Lindlar versteckt haben.
Außerdem soll er zwei Monate später denselben Kumpel damit beauftragt haben, einem Mann, der in einem anderen Verfahren als Zeuge gegen ihn aussagen sollte, mit einer Überdosis Heroin zu töten — kurz bevor dessen Aussage vor dem Amtsgericht Bonn anstand. Passiert ist in diesem Fall nichts.
Der Kumpel erfüllte den Auftrag des Angeklagten nicht. Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft war der Hackenbroicher am späten Abend des 10. Januars mit dem späteren Opfer in seinem Toyota in der Nähe von Bonn unterwegs. Unter dem Vorwand, den 30-Jährigen ans Steuer lassen zu wollen, soll er den Wagen angehalten haben.
Laut Anklage stiegen beide aus und gingen um das Auto herum. Am Kofferraum soll der 48-Jährige dann unvermittelt mehrere Male mit einem Messer zugestochen haben. Das Opfer, das mit dem Angriff nicht rechnen konnte, wie es in der Anklage heißt, brach zusammen und starb an einem Stich ins Herz. Einen Tag später verscharrten der Angeklagte und sein Kumpel die Leiche im Wald.
Aus einem Brief des Angeklagten, vorgelesen vor Gericht
Ob er den Toten bis dahin im Kofferraum seines Autos versteckte, ist unklar. Der Hackenbroicher will nichts zu den Vorwürfen sagen und schweigt beharrlich. Der Vorsitzende der 21. Großen Strafkammer liest an diesem ersten Prozesstag Briefe des Angeklagten vor, die er im Gefängnis an seine Freundin und an die Staatsanwaltschaft geschrieben hat. Der Getötete habe ihn bedroht, heißt es darin und dann in umständlicher Formulierung: „Er kam mir mit der Eskalation seiner Handlung zuvor — das überlebte er nicht.“
Bei seiner Freundin beklagt er sich in einem Brief darüber, dass es in der JVA zu wenig Obst gebe, es schwierig sei „ohne meine Datteln“. Das Opfer bezeichnet er als „miesen Typen, der versucht hat, mich kaputt zu machen.“ Der Angeklagte wurde im Februar 2011 schon einmal verurteilt — wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln. Fünfeinhalb Jahre lautete das Urteil damals. Die Strafe musste der bis dahin nicht vorbestrafte Mann nicht vollständig absitzen. Ein Journalist hatte im April 2016 nach dem Hinweis eines Zeugen die teilweise skelettierte Leiche in einem Erdloch im Wald entdeckt. Dieser Zeuge lieferte den Ermittlern dann auch wichtige Hinweise zum mutmaßlichen Täter.
Das Opfer konnte identifiziert werden, weil die Polizei Fotos seiner Tätowierungen veröffentlicht hatte: Die Namen „Diego“ und „Aylin“ waren auf seinem Unterarm eintätowiert. Eine Frau meldete sich daraufhin und gab an, den Toten gekannt zu haben. Rechtsmediziner stellten im Gehirn des Mannes Reste von Methadon und Kokain fest. Er hatte keinen festen Wohnsitz in Köln.