Neue Kosten durch Inklusion? „Das ist es mir wert“
Neuss. Bürgermeister Herbert Napp spricht im Interview mit der WZ über das neue Gesetz, das behinderten Kindern einen Platz in einer Regelschule zusichert.
Herr Napp, soeben hat der Landtag das Inklusionsgesetz verabschiedet. Sie waren als Vertreter des Städtetags wie auch die Oberbürgermeister von Wuppertal oder Mönchengladbach bei den Vorgesprächen dabei. Wie beurteilen Sie den jetzt gefundenen Kompromiss?
Herbert Napp: Das war der letzte gangbare Weg. Ich bin sehr zufrieden, dass gerade die SPD-Landtagsfraktion mit Norbert Römer an der Spitze diesen Weg gefunden hat. Dem habe ich mich gern angeschlossen. Das Gesetz tritt zum nächsten Schuljahr in Kraft, bis Ende Januar sollen nun zunächst einmal die Kosten ermittelt werden.
Können denn alle Schulen überhaupt bis zum Sommer entsprechend räumlich ausgestattet werden?
Napp: Das wird nicht gehen. Die Frage der Finanzen ist abhängig vom Kompromiss. Wir bereiten die Umbaupläne ausschreibungsfertig vor. Wenn Ende Januar Klarheit über die Gesamtkosten besteht, wird das Land zahlen, was ein Vierteljahr vor Inkrafttreten des Gesetzes begonnen werden kann.
Ist der so oft bemühte Grundsatz von der Konnexität - wer bestellt, zahlt, in diesem Fall also das Land — jetzt umgesetzt oder nicht?
Napp: Im Gesetz ist der Finanzierungsteil zunächst ausgesetzt. Der Grundsatz der Konnexität ist vom Land im Grundsatz noch nicht anerkannt.
Kann die Stadt darauf setzen, dass das Land alle Kosten übernehmen wird?
Napp: Nein, ich weiß, dass wir auf einem Teil der Kosten sitzenbleiben werden. Aber das ist es mir wert. Für behinderte wie nicht behinderte Kinder ist die Inklusion ein wichtiger Fortschritt.
Bedeutet das: Alle Schulen in Neuss müssen ab Sommer Kinder aufnehmen, die bisher auf Förderschulen waren, sofern die Eltern das wünschen?
Napp: Nein, das gilt nicht für jede einzelne Schule. Es muss aber von jedem Schultyp eine Schule die Inklusion anbieten.
Inklusion gibt es ja bereits an einigen Schulen in der Stadt. Wie sind die Erfahrungen dort?
Napp: Ich höre keine Beschwerden. Ich denke, es läuft zufriedenstellend.
Angemessene Ausstattung auch mit Personal vorausgesetzt: Wird es in zehn Jahren noch Förderschulen geben?
Napp: Mit Sicherheit nicht. Ich weiß, dass viele Eltern betroffener Kinder das bestehende System aufrechterhalten wollen. Doch diese besondere Form des geförderten Lernens in eigenen Schulen hilft den Kindern nach der Schule nicht weiter. Es ist besser, wenn behinderte wie nicht behinderte Kinder lernen, miteinander umzugehen. Eltern, die jetzt noch Vorbehalte haben, werden diesen Weg bald mitgehen, davon bin ich überzeugt.