Neuntklässler entwerfen die Schule der Zukunft
Am Quirinus-Gymnasium hilft ein Industriedesigner Schülern, ihre Probleme kreativ zu lösen.
Neuss. Vorne ein Bücherfach, rechts ein Abfallbehälter und unten abgewinkelte Stützen für mehr Beinfreiheit: So in etwa stellen sich die Schüler des Quirinus-Gymnasiums einen praktischen Schultisch vor, der in ihren Augen perfekt in die „Schule der Zukunft“ passt.
Gemeinsam mit dem Neusser Industriedesigner Alessandro Brandolisio stellten sich 28 Schüler des Gymnasiums in den vergangenen Monaten die Frage, wie der Schulbetrieb der Zukunft aussehen könnte — und entwarfen im Kunstunterricht neben dem abgerundeten Tisch auch eine Art „mobile Cafeteria“ oder sammelten Anregungen für die Gestaltung einer eigenen Schul-App fürs Smartphone. „Design Thinking“ nennt sich die Methode des selbstständigen Industriedesigners, die den Menschen und seine Bedürfnisse in den Mittelpunkt stellen soll. In diesen Tagen wollen die Schüler, die sich an dem Projekt beteiligten, die Ergebnisse der Schulleitung präsentieren. Inwieweit die Vorschläge der Schüler in die Tat umgesetzt werden, seht allerdings nicht fest.
Doch das ist auch nicht das oberste Ziel, das Alessandro Brandolisio mit seiner Arbeit verfolgt. „Es geht viel eher darum, dass die Schüler Prozesse kennenlernen, mit denen sie künftig alltägliche Probleme kreativ lösen können“, erklärt Brandolisio.
Den Anfang nahm das Schulprojekt mit einer intensiven Recherchearbeit. Soll heißen: Die „Schule der Zukunft“, die die Jugendlichen der neunten Jahrgangsstufe entworfen haben, basiert auf einer Art Umfrage. „Wir sind in die Klassen gegangen und haben unsere Mitschüler gefragt, was beispielsweise an den Tischen, die wir derzeit verwenden, verbesserungswürdig ist“, erklärt Jang Huang, der mit Jonas Esser (beide 15) ein Papp-Modell des Tisches im Maßstab eins zu sechs gebastelt hat.
Gefragt ist dabei natürlich jede Menge Kreativität. „Eine Fähigkeit, die im heutigen Schulalltag systematisch abtrainiert wird“, sagt Alessandro Brandolisio, der dies auf wachsenden Leistungsdruck zurückführt. Mit seinem Projekt „Design Thinking“ will er dem entgegenwirken und auch das kreative Selbstvertrauen der Schüler stärken. „Sie sollen an ihre Fähigkeiten glauben und gleichzeitig lernen, Probleme des Schulalltags zu lösen und wieder Spaß am Lernen zu haben“, sagt Brandolisio, der vor acht Jahren selbst am „Quirinus“ Abitur gemacht hat.
Die 28 Jugendlichen hat er dafür in sechs Gruppen aufgeteilt, die sich auch mit der Gestaltung von Klassenräumen mit Farben, Licht und einer praktischen Anordnung der Tische beschäftigten oder Zwischenmenschlichkeit in der Schule als soziale Komponente des Schulalltags thematisierten. „Denn Fakt ist, dass viele Schüler zum Beispiel gar nicht wissen, wer an ihrer Schule Vertrauenslehrer ist und ihnen bei Problemen zur Seite steht“, sagt der Industriedesigner, der mit seiner Arbeit und den Anregungen der Schüler frischen Wind ins Quirinus-Gymnasium bringen konnte.