Corona-Krise in Neuss Diskussion über Hamsterkauf-Verbot

Neuss · Einige der Neusser Marktleiter sind für strikte Regeln, manche lehnen ein Verbot ab.

. Jeden Morgen hält Christian Gossens, Chef des gleichnamigen Edeka-Centers an der Schellbergstraße, eine Ansprache an sein Team. Motivieren, einschwören und „ausloten, wie die Stimmung ist“, sagt er. Für ihn und seine Mannschaft sei die Lage wegen der Corona-Pandemie derzeit angespannt. Zwar hielten sich die meisten Kunden an die vorgegebenen Kauf-Mengen von Mehl, Klopapier und Co., doch nicht jeder zeige Verständnis. „Teilweise wurden Mitarbeiter arg beschimpft“, sagt Gossens. Sein Wunsch: Mehr Rückendeckung von der Stadt.

Die sollte sich seiner Meinung nach ein Beispiel an der Stadt Düsseldorf nehmen, die seit Kurzem per Allgemeinverfügung mit einer neuen Vorgabe gegen Hamsterkäufe in Supermärkten und Drogerien vorgeht. „Solche klaren Regeln würden uns helfen“, sagt ­Gossens.

So sieht es auch Carsten Paul, ebenfalls Edeka-Filialleiter in Neuss. „Ich würde mich für so ein Verbot aussprechen, auch wenn die Hamsterkäufe in den vergangenen Tagen etwas nachgelassen haben“, sagt er. Teilweise hätten Kunden auch versucht, mehrfach hintereinander einkaufen zu gehen, um die Pro-Kopf-Beschränkungen zu umgehen. „Aber da achten wir drauf“, sagt Paul.

Aktuell stehen die Chancen auf ein Hamsterkauf-Verbot der Stadt Neuss aber schlecht. „Es macht keinen Sinn, in den Markt einzugreifen“, sagt der Neusser Ordnungsdezernent Holger Lachmann. Er ist sich mit Bürgermeister Reiner Breuer darin einig, dass eine Allgemeinverfügung der Stadt zur Unterbindung von Hamsterkäufen derzeit unnötig erscheint. „In Neuss haben die Händler von sich aus Regelungen zur Abgabe von Desinfektionsmitteln, Hygieneartikel oder beispielsweise Mehl getroffen“, sagt Lachmann, dem das ausreichend erscheint. „Wir würden reagieren, wenn das erforderlich ist und wir damit einen Mehrwert für die Bevölkerung schaffen“, sagt er.

Laut Real-Marktleiterin gibt es frühmorgens lange Schlangen

Laut Melek Özan, Leiterin des Real-Supermarktes an der Bataverstraße, würde ein solches Verbot ohnehin „nichts bringen“. Mittlerweile seien in ihrem Markt an vielen Stellen Hinweis-Schilder angebracht worden, um die Kunden über die beschränkten Mengen mancher Waren zu informieren. „Da halten sich die meisten dran, auch wenn es manchmal immer noch Ausreißer gibt, die sich beschweren“, sagt die ­Markt-Leiterin.

Zwar hätte sich das Kunden-Aufkommen mittlerweile eingependelt, doch vor allem am frühen Morgen gebe es immer noch regelmäßig Warteschlangen vor dem Real an der Bataverstraße, wie das Foto eines Anwohners zeigt. Darauf zu sehen sind zahlreiche Kunden, die bis weit auf den Parkplatz stehen. Laut des Anwohners, der die Länge der Schlange auf rund 150 Meter schätzt, sei an jenem Tag Toilettenpapier im Angebot gewesen.

Ein Thema, das es jedoch ebenfalls zu berücksichtigen gilt, ist der Einkauf für Großfamilien. Denn der Großteil der Marktleiter betont, dass eine Familie als ein Einkauf gilt – somit bestehe nicht die Möglichkeit, beispielsweise mehr Toilettenpapier zu erhalten. Beschwerden diesbezüglich sind bei der Stadt nach Angaben von Sozialdezernent Ralf Hörsken bisher noch nicht eingegangen: „Wenn es soweit kommt, würden wir aber unbürokratisch eine Hilfsbescheinigung ausstellen.“

Doch es gibt ein weiteres Problem-Feld: Denn infolge der Corona-Krise hat der Präsident des Deutschen Bauernverbandes jetzt Alarm geschlagen. Der Tenor: Es wird voraussichtlich zu einer Verknappung von Obst und Gemüse kommen. Hintergrund sei der Mangel an Saisonarbeitskräften aus Osteuropa. Diese Befürchtung teilt Konrad Schneider, Gemüsebauer aus Grimlinghausen: „Momentan weiß niemand, was er machen soll. Lohnt es sich zu pflanzen? Haben wir später das Personal, um auch ernten zu können?“. Derzeit gebe es viele offene Fragen.