Neuss: Mosaik- und Glasmacherkunst auf dem Hauptfriedhof

Mehr als 100 Interessierte entdeckten den Friedhof neu. Drei kundige Führer hören auf.

Neuss. Nur mit Mühe dringt das trübe Herbstlicht durch die leuchtend rot-braunen und gelb-weißen Glassegmente, die von dem schwarzen Grabstein eingefasst sind. Das Konterfei Jesu Christi schaut dem Betrachter der Ruhestätte ins Gesicht. Mahnend hält er ihm das Wundmal der rechten Hand vor Augen. Der Ausdruck der Augen und der wallende Bart geben dem Antlitz einen expressionistischen, eindringlichen Zug. Das Glasmosaik der Familie Franz Josten aus dem vorvergangenen Jahrhundert zählt zu den schönsten Kunstwerken, die es am Samstag bei einer Führung unter dem Motto "Mosaik und Glaskunst" auf dem Neusser Hauptfriedhof zu entdecken gab. Mehr als hundert Interessierte hatten sich am Eingang an der Reydter Straße zum vorerst letzten Rundgang der Heimatfreunde eingefunden und sich der zweistündigen Führung unter Leitung von Max Tauch, Kurt Lonnes und Arnold Napp-Saarbourg angeschlossen. "Die Mosaik und Glaskunst ist eine Kunstrichtung, die seit der Zeit des Ersten Weltkriegs sehr beliebt war und in den 20er und 30er Jahren auch die Friedhofskultur erfasste", erklärte Kurt Lonnes. In dieser Zeit hat der Niederländische Glasmacher Jan Thorn-Prikker auch die Fenster der Friedhofskapelle erschaffen. Einige wenige Gräber auf dem Neusser Hauptfriedhof haben diese Kunstrichtung später aufgegriffen. Nur ein halbes Dutzend von ihnen ist erhalten.

Der Engel mit dem Kranz des ewigen Lebens

Das Grabmal von Karl Hüsgen (1883-1932) etwa zeigt in kleinen bunten Steinen die Jungfrau Maria mit dem Jesuskind. Ein anderes Beispiel ist die Ruhestätte der Familie Knott (1881-1949). Das Ornament stellt einen Engel mit dem Kranz des ewigen Lebens in Begleitung eines jüngeren Engels dar. Die Bilder zählen zu den wenigen noch sehr gut erhaltenen Steinmosaiken auf dem Friedhof. Auf beiden Ornamenten ist auch der Name des Künstlers angegeben: L.Buesken. Neben ihrem Wissen zur Friedhofskultur gaben die drei Friedhofsexperten zahlreiche Geschichten über große Frauen und Männer aus Neuss zum besten. Bei dieser Gelegenheit machte Kurt Lonnes auch Halt am Grab seines Großvaters Carl Steins. Das ungewöhnliche Grabmal des "Vaters der Heimatfreunde" zeigt eine Jungfrau auf einer Pyramide. "Mein Großvater hat die Figur noch zu Lebzeiten selbst gekauft, weil sie ihm so gut gefiel", erzählte Lonnes. Erschaffen hat die Figur 1931 der Neusser Künstler Oswald Kursin. Nach zehn Jahren verabschiedeten sich Max Tauch und Kurt Lonnes mit einem sehr persönlichen und gleichermaßen anregenden Rundgang von ihrer Tätigkeit als Führer der Friedhofsrundgänge des Heimatvereins. "Man soll Platz machen, bevor die Jungen mit einem Häschen in der Grube spielen", sagte Lonnes nicht ohne Augenzwinkern. Ohne die beiden wird auch Arnold Napp-Saarbourg die Tradition allein nicht weiter führen.