Finanzplanung der Stadt Neuss Sprudelnde Gewerbesteuer halbiert das Defizit der Stadt

Neuss · Eine Woche bevor der Kämmerer den Etatentwurf für 2025 vorstellt, veröffentlicht die Stadt unerwartet gute Zahlen.

In den Gewerbegebieten wie etwa dem Industriehafen wird viel erwirtschaftet.

Foto: Jana Bauch

Die Stadt kalkuliert in ihrer Finanzplanung mit Sonderausschüttungen ihrer Tochterunternehmen, um den Etat noch geradeso ausbalancieren zu können, dass sie nicht in die Haushaltssicherung abrutscht. In diesem Jahr kommt aber noch ein anderer Effekt hinzu: Die Gewerbesteuer sprudelt wie noch nie. Mit 202 Millionen Euro hatte Kämmerer Frank Gensler kalkuliert, faktisch rechnet die Stadt aber damit, dass 235 Millionen Euro aus dieser Steuer eingenommen werden. Im Ergebnis kann Gensler in seinem Quartalsbericht zur Haushaltslage vorrechnen, dass das Defizit, das in einer Höhe von 51,7 Millionen Euro erwartet worden war, auf 29,6 Millionen Euro schrumpft.

Aber: Es bleibt ein Defizit. Und obwohl das so ist, darf die Stadt ihre Mehreinnahmen nicht in voller Höhe behalten. Die Gewerbesteuerumlage erhöht sich nämlich in gleichem Umfang und steigt um 2,5 Millionen Euro. Und nach einer ähnlichen mathematischen Gleichung verdient auch der Rhein-Kreis über eine steigende Kreisumlage der Stadt mit. Die spannende Frage müsste sein, sagt Gensler: „Braucht der Rhein-Kreis das ganze Geld überhaupt?“ Man könnte sich ja auch auf den Standpunkt stellen, dass der Kreis in seinem Etat einen, so Gensler, Ausgabenpfad definiert hat. Der verändere sich ja nicht in gleicher Weise. Gensler gibt sich aber keinen Illusionen hin, wie der Landrat eine solche Frage beantworten würde: „Der findet schon was.“

Nicht abzuschätzen ist aus Sicht der Kämmerei, wie viel von den steigenden Gewerbesteuereinnahmen noch aus Nachholeffekten aus den Corona-Jahren resultiert. „Wir glauben, dass sich auch Struktureffekte eingestellt haben“, sagt er. Deshalb wird der Kämmerer im Etatentwurf für 2025, den er kommenden Freitag (27. September) dem Rat vorstellt, höhere Gewerbesteuereinnahmen ausweisen, als in der mittelfristigen Finanzplanung prognostiziert wurde.

Letzte Klarheit in diesem Punkt wird wohl erst die Steuerschätzung im Oktober geben. In einem anderen Punkt sind die Folgen aber schon ablesbar: Mit Schlüsselzuweisungen des Landes wird Neuss als steuerstarke Kommune wohl auch in den Jahren 2026 und 2027 nicht rechnen können.

Während die Gewerbesteuer im Verbund mit höheren Ausschüttungen der städtischen Töchter die Einnahmen um insgesamt fast 37 Millionen Euro erhöhen, steigen auch einige Ausgabepositionen anders als kalkuliert, vor allem bei den Personalkosten. Die steigen um acht auf 125,8 Millionen Euro. Hauptgrund ist, dass die Angestellten – rechnet man Tariferhöhung, höhere Sockelbeträge und Inflationsausgleichsprämie zusammen – eine durchschnittliche Gehaltserhöhung von 10,5 Prozent erhalten haben. 1,3 Millionen Euro aus dieser Summe resultieren auch schlicht aus einer steigenden Mitarbeiterzahl im Rathaus. Die Mehraufwendungen für die kommunalen Beamten konnten im Etat für 2024 noch nicht voll veranschlagt werden, weil dazu schlicht die politisch zu beschließenden Vorgaben von Länderseite ausstehen. Gensler rechnet mit Mehrkosten in Höhe von 7,1 Millionen Euro – einschließlich der Pensionsrückstellungen.

Weil auch die Dezernate mit ihren Ausgaben derzeit 3,6 Millionen Euro über Plan liegen, fordert Gensler – trotz der insgesamt entspannteren finanziellen Lage – weiter eine strikte Haushaltsdisziplin ein. Die Gefahr, in die Haushaltssicherung zu rutschen, ist nach wie vor nicht gebannt – sondern real.