Neuss sucht den Taubenflüsterer
Eine Teilzeitkraft soll künftig die Taubenhäuser kontrollieren und helfen, die Population einzudämmen.
Neuss. Die Visitenkarte könnte ziemlich einmalig sein. Aber es ist ja auch eine Stellenausschreibung, die im Rathaus nicht aller Tage vorkommt: Die Stadt Neuss sucht einen Betreuer für ihre Taubenhäuser. Die Stelle ist offiziell ausgeschrieben, die Bewerbungsphase läuft. Ein ziemlich einmaliger Job, der da zu vergeben ist. Und einer, der angesichts der geplanten Sparmaßnahmen durchaus überrascht. Schließlich soll die Arbeitsgruppe Haushaltskonsolidierung den Etat strukturell um zehn Millionen Euro pro Jahr entlasten — und dafür wird Posten um Posten durchgegangen und eine Streichliste erstellt.
Das Taubenproblem beschäftigt viele Neusser schon lange — oder vielmehr: der Ärger über den Taubenkot. Daher wurde im Rathaus ein Maßnahmenkatalog erstellt, das Vorgehen wurde im Stadtrat erläutert. Allein mit dem vorhandenen Personal bekommt die Verwaltung das Taubenproblem und die Kontrolle der Taubenhäuser allerdings offenbar nicht in den Griff. „Um eine kontinuierliche Betreuung sicherzustellen, soll eine Teilzeitkraft mit 15 Wochenstunden unbefristet eingestellt werden“, erklärt Tobias Spange vom städtischen Presseamt.
Drei Taubenschläge gilt es regelmäßig zu kontrollieren. Die Orte stehen fest, mit der Errichtung wurde begonnen. Sie befinden sich im Dachboden des Rathauses, an der Kranbahn am Hafenbecken 1 sowie auf dem Gelände der Deutschen Bahn an der Unterführung Further Straße — die gerne als „Tor zur Nordstadt“ bezeichnete Unterführung wurde durch die Exkremente der Vögel in der Vergangenheit immer wieder stark verschmutzt. „Es gibt Bereiche in Neuss, die sehen wegen des Taubenkots furchtbar aus“, sagt Walter Schumacher. Er verweist auf die Unterführung an der Salzstraße.
Bei der Kontrolle der Taubenschläge allerdings soll es nicht bleiben. Der von der Stadt gesuchte Betreuer hat weitere Aufgaben. In den auf jeweils etwa 20 Quadratmeter Grundfläche eingerichteten Unterschlüpfen sollen die Stadttauben durch Anfütterung zum Brüten gebracht werden. „Durch gezielten Austausch der Eier in den Nestern gegen künstliche Eier soll mittelfristig eine stadtverträgliche Regulierung des Taubenbestandes erzielt werden“, erklärt Spange. Zurzeit gibt es laut Schätzungen der Verwaltung etwa 400 bis 600 Stadttauben in Neuss. Mit den geplanten Maßnahmen soll die Population eingedämmt werden. Bei ihrem Maßnahmenkatalog orientiert sich die Stadt an Erfahrungen aus anderen Kommunen.
Der Taubenbetreuer soll dabei eine Schlüsselfunktion erfüllen — und er wird nicht alleine bleiben. „Zudem sollen zusätzlich ehrenamtliche Helfer angeworben werden, deren Einsatz von der Teilzeitkraft koordiniert werden muss“, erklärt Spange. Der gesuchte Mann wird also so etwas wie der „Mister Taube“ von Neuss. Was er mitbringen muss: Kenntnisse über die einschlägigen Tierschutzbestimmungen, Teamfähigkeit, Einsatzbereitschaft auch abseits der Regelarbeitszeiten, einen Führerschein Klasse B (alt: 3) und Erfahrungen im Umgang mit Tieren — am besten mit Tauben, versteht sich.