Obdachlose und Weihbischof frühstücken gemeinsam
Dominik Schwaderlapp begann damit seine Visitation in Neuss-Mitte.
Neuss. 50 bis 60 zumeist obdachlose Menschen klopfen Morgen für Morgen an die Pforte des Klosters St. Sebastian. Sie hoffen auf ein bisschen Geld, etwas Essen, ein gutes Wort. Gestern bat Schwester Maria Gabriella von der Gemeinschaft „Familie Mariens“ diese Menschen herein. Denn im Innenhof des Klosters hatten die Ordensleute den Frühstückstisch gedeckt.
An dem nahm auch Weihbischof Dominik Schwaderlapp Platz, der mit diesem Treffen seine Visitation im Seelsorgebezirk Neuss-Mitte begann. „Das ist auch für mich eine fremde Welt, die Welt der Obdachlosen“, gab Schwaderlapp zu, der sich am Frühstückstisch vom Leben als Nichtsesshafter berichten ließ — und sich beeindruckt zeigte.
Alle sechs Jahre kommt der Weihbischof zur Visitation, um sich im Auftrag des Erzbischofs ein umfassendes Bild vom kirchlichen Leben in den Gemeinden zu machen. Nach Neuss-Nord waren jetzt die Gemeinden der Stadtmitte an der Reihe, wo Schwaderlapp 1993 seine erste Kaplanstelle an St. Marien antrat: „Meine erste Liebe“.
Zur Pflicht an seinen insgesamt zehn Besuchstagen bis Mitte Juli gehören Gespräche mit den gewählten Gremien der Kirche und ihren Mitarbeitern. Das Treffen im Kloster war Kür. Visitation, sagt Schwaderlapp, sei „keine Leistungsschau“, sondern auch Anlass, sich mit den Herausforderungen an die Kirche zu beschäftigen.
„Auch mir war es wichtig, dass es für die Menschen eine Möglichkeit gibt, mit dem Bischof ins Gespräch zu kommen“, sagt Monsignore Guido Assmann. Der Leitende Pfarrer im Bereich Neuss-Mitte hat das Besuchsprogramm mit vorbereitet und erstmals einen Besuch von Obdachlosen angeregt. Unterschwellig, gibt er zu, könnte dabei eine Rolle gespielt haben, dass Papst Franziskus, aber auch der Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki, besonders oft von der Bedürftigkeit dieser Menschen sprechen. Einer Forderung entsprach der Termin nicht, erklärt Assmann.
Assmann war auch wichtig, dass dem Weihbischof „nichts vorgespielt“ wird. Statt Gemeindeleben zu inszenieren, werde Schwaderlapp einfach dazukommen — wenn Schulmesse in St. Marien ist oder sich die Frauengemeinschaft trifft. Wo es sich anbietet, wird die Visitation allerdings mit kleinen Besonderheiten verknüpft. So ist Schwaderlapp in Neuss, wenn im erzbischöflichen Gymnasium Marienberg die neuen Physik- und Chemieräume in Betrieb genommen werden, oder die katholische Ehe-, Familien- und Lebensberatung ihr 50-jähriges Bestehen feiert.
Gestern bot sich eine ganz andere Gelegenheit. Ein Kelch, den eine Familie aus Grevenbroich der Pfarrei St. Quirin gestiftet hatte, wurde erstmals in der Wandlung benutzt. Vom Weihbischof und in der Kirche St. Sebastian am Büchel, wo der Kelch mit Einverständnis der Stifter verbleiben soll.