Polizeihunde üben den Ernstfall
Bei einem Training auf dem ehemaligen Whitesell-Gelände konnten die Tiere für echte Einsätze trainieren.
Rhein-Kreis. Handgreiflichkeiten, Drohungen, manchmal sind es auch ganze Gruppen, die sich gegen die Polizei formieren: Polizeibeamte berichten immer wieder von zunehmender Gewalt im Dienst. In solchen Situationen kommen auch Polizeihunde zum Einsatz — unter anderem zum Schutz der Beamten. Im Frühjahr beschützte zum Beispiel ein Diensthund einen Beamten vor einem Angreifer. Doch die Hunde müssen dafür regelmäßig trainiert werden, wie beispielsweise gestern bei einem Trainingstag auf dem ehemaligen Whitesell-Gelände.
Hundeführerin Lena Mangel beugt sich herunter zum Tier, es atmet laut und schnell. Jeder Muskel des Körpers ist angespannt, die Polizeihündin wartet aufs Kommando. Eine kleine Geste von Mangel, kaum zu sehen, und die Belgische Schäferhündin Joy stürmt über das alte Parkett und durchsucht die Büroräume des verlassenen Firmengebäudes. Joy bleibt vor einem Mann in Einsatzuniform stehen, bellt ihn laut an. Regungslos steht der vermeintliche Täter in der Ecke — und lässt einen Ball fallen, den sich Joy schnappt. Belohnung für die gemeisterte Übung. Das spornt beim Training schließlich an.
„Die Hunde unterstützen uns bei unterschiedlichen Einsätzen“, sagt Karsten Behrendt, Polizeioberkommissar und verantwortlich für die Ausbildung der Hunde im Rhein-Kreis Neuss. Auf dem ehemaligen Gewerbegelände konnten sich vier der sechs Diensthunde der Polizei im Rhein-Kreis Neuss austoben und bei Suchübungen auf Spurensuche gehen. Vor allem die feine Nase der Tiere kann bei der Suche nach Spuren, Tatwaffen, Hinweisen oder Fluchtweg eines Täters helfen. „Die Hunde fahren auf Streife mit und werden bei Bedarf eingesetzt“, sagt Polizeisprecherin Daniela Dässel.
Auch bei Razzien und Großveranstaltungen sind die Hunde oft fester Bestandteil der Einsatzkräfte. Und nicht nur der Geruchs- und Gehörsinn helfen bei der Arbeit: „Bevor einem Kollegen was passiert, schicken wir den Hund rein“, sagt Behrendt. Erst bellt der Hund den Täter an. „Der Idealfall ist, dass der Tatverdächtige dann stehenbleibt, wir den Hund zurückrufen und die Kollegen die Person festnehmen.“
Wenn es zu einem Fluchtversuch kommt, kann es auch sein, dass der Hund die weitere Flucht oder einen Angriff mit einem Biss verhindert — wie kürzlich im Falle eines Autodiebes in Kaarst. Der 28-Jährige wurde leicht verletzt ins Krankenhaus gebracht, nachdem der Polizeihund einen Angriff abgewehrt hatte.
Der Biss der Polizeihunde kann schmerzhafte Spuren hinterlassen — dies lassen die Blessuren an den Armen der Hundeführer erahnen: Beim Trainieren verbeißt sich einer der Hunde in die Schutzjacke seines Hundeführers. Eine alltägliche Sache für die Beamten, es gehört zum Spielen und Üben mit den Tieren dazu. Unter der Jacke sind am Arm rote Stellen zu sehen. „Der Stoff verhindert nur, dass die Zähne durchdringen — der Druck geht trotzdem durch“, sagt Marc Hoff, Polizeihauptkommissar und Dienstgruppenleiter der Hundestaffel. Die Hunde werden in der Grundausbildung für den Wach- und Schutzdienst vorbereitet. Die Dauer der Ausbildung hängt vom Alter des Hundes ab. „Im Schnitt dauert die Ausbildung vier bis sechs Monate.“ Das Aufspüren von Drogen oder Sprengstoffen wird den Hunden in einer zusätzlichen Ausbildung vermittelt. Auch jenseits der Einsätze werden sie von ihren Hundeführern — die auch in ihrer privaten Zeit Herrchen sind — auf Trab gehalten. „Nach zehn Minuten richtig intensiver Arbeit ist der Hund glücklich“, sagt Hoff. Die Ausdauer der Hunde ist groß, ausgiebige Spaziergänge oder Läufe sind keine ausreichende Auslastung. Auf Arbeit mit Köpfchen und Nase käme es an. Privat seien die Polizeihunde aber meist sozial und verspielt.