Schulentwicklung: Fünf Erstklässler fehlen
Die Politiker streiten um die Anzahl der Eingangsklassen für die Albert-Schweitzer- Grundschule.
Kaarst. Prognosen sind ein schwieriges Geschäft. Hatte die Stadtverwaltung noch im vergangenen Jahr angenommen, dass an der Albert-Schweitzer-Schule 20 Erstklässler angemeldet werden, wurden die Erwartungen fast doppelt übertroffen. Deshalb hatten die Politiker in der Ratssitzung im Dezember einstimmig beschlossen, ausnahmsweise dort zwei Eingangsklassen zu bilden.
Zwar ist die Anmeldezahl für die Grundschule an der Bussardstraße immer noch erfreulich, sie liegt bei 34. Doch drei Kinder werden voraussichtilch an Förderschulen eingeschult, ein weiteres Kind hat eine starke Sehbehinderung. Nach dem Landesschulgesetz ist für eine Klassenstärke von 24 Schülern ein Lehrer vorgesehen. Dabei gilt eine Bandbreite von 18 bis 30 Schülern. An der Albert-Schweitzer-Schule fehlen also fünf Schüler, um eine zweite Eingangsklasse zu bilden.
Auch an der Katholischen Grundschule Kaarst (KGS), Alte Heerstraße, gibt es für das kommende Schuljahr mehr Anmeldungen als erwartet. Die CDU beschloss gegen die Bedenken der Schulrätin im Rhein-Kreis Neuss, Ursula Schreurs-Dewies, ausnahmsweise statt drei nun vier Eingangsklassen zu bilden. Zudem soll eine dritte Betreuungsgruppe für den Offenen Ganztag (Ogata) eingerichtet werden. Dadurch werden Umbaumaßnahmen an der Schule für 145 000 Euro notwendig. In der morgigen Schulausschuss-Sitzung (Bürgerhaus, 18 Uhr) stellt die Verwaltung per Dringlichkeitsantrag sieben Varianten vor, damit die Ogata-Räume zum Schulbeginn zur Verfügung stehen. Sie schlägt als günstigste Variante den Bau von zwei Pavillons neben den bestehenden vor.
Für SPD-Fraktionsvorsitzende Anneli Palmen ist der Beschluss unter falschen Voraussetzungen gefasst worden: "Die Verwaltung hat uns mitgeteilt, dass die vorhandenen Räume ausreichen. Jetzt sind die plötzlich völlig ungeeignet." Die SPD war vor zwei Wochen mit ihrer Geschäftstelle aus dem von der Grundschule ungenutzten Pavillon gezogen. Zudem ärgert Palmen, dass Räume in anderen Schulen leer stehen.
"Die Kernfrage ist", sagt Schulrätin Schreurs-Dewies, "zu Lasten welcher Schule Entscheidungen gehen, wenn Kapazitäten an anderen Schulen ausgebaut werden." Die Stadt könne die Antwort darauf nur über die Festlegung der Zügigkeit, also der Anzahl der Klassen, steuern. Für den Fraktionsvorsitzenden der Kaarster Grünen, Christian Gaumitz, ist deshalb klar: "Durch die Bildung von vier Eingangsklassen an der katholischen Grundschule wird automatisch die Albert-Schweitzer-Schule geschwächt. Es wird gezielt eine Politik zu Gunsten der katholischen Grundschule betrieben. Deshalb fordern wir von der CDU, von der einseitigen, religiös-politisch motivierten Schulpolitik Abstand zu nehmen." Außerdem müsse der Albert-Schweitzer-Schule die Möglichkeit gegeben werden, zwei Eingangsklassen zu bilden.
"Auch wir wollen große Klassen vermeiden", sagt die stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende Dorothea Zillmer und verweist auf die vorgegebenen Klassenrichtwerte. "Statt nach Ursachen für den Schülerschwund bei anderen Schulen zu forschen, wird die Katholische Grundschule ständig kritisch beäugt. Unter Ignorierung des Elternwillens fordert die SPD mit Blick auf die sinkenden Anmeldezahlen an benachbarten Schulen, die KGS müsse Schüler zugunsten dieser Schulen abweisen", sagt sie.
Über diese Äußerung ärgert sich die Schulleiterin der Albert-Schweitzer-Schule, Beate Schweitzer. Denn schließlich wurden die Anmeldezahlen gesteigert. "In einem Brief an die Fraktionen habe ich um einen konstruktiven Dialog über die weiteren Entwicklungsmöglichkeiten der Schule gebeten. Leider gab es darauf keine Reaktion der CDU", bedauert Schweitzer.