Aktion in Neuss Nur sieben Aktivisten sind mit dem Rad dabei

Neuss · (barni) Kalt, leichter Nieselregen, Dunkelheit: Am frühen Freitagabend war so ein Wetter, bei dem man es sich am liebsten zu Hause gemütlich macht. Wie durch ein Wunder sollte es aber auf der für den Autoverkehr weitestgehend gesperrten Sebastianusstraße plötzlich nur so von Radfahrern wimmeln.

Auf der Sebastianusstraße waren nur einige Radfahrer.

Foto: Andreas Woitschützke

Dieses „Wunder“ wurde offenbar durch das ungemütliche Winterwetter vereitelt: Die Männer und Frauen der angekündigten „Critical Mass“ erreichten zum ersten Mal bei einer ihrer Aktionen keine „kritische Masse“: 15 Radler hätten genügt, um im Konvoi und mit Sonderrechten ausgestattet für mehr Freiheiten und Rechte für den Radverkehr zu werben. Diese Zahl wurde aber nicht erreicht, es waren nur sieben Aktivisten gekommen. Sie hoffen jetzt, dass bei der nächsten Aktion am 18. Februar wieder mehr Radler dabei sind.

Neuss ist nicht San Francisco. In der von der Sonne verwöhnten Stadt hat „Critical Mass“ in den frühen 1990er Jahren ihren Ursprung. Konzentriertes Auftreten der Radfahrer hatte bereits den Verkehr in New York lahmgelegt. Anders in Neuss: „Die Städtebaupolitik ist seit Jahrzehnten auf den Autoverkehr ausgerichtet“, erklärte ein Teilnehmer. Und genau das möchte man ändern.

Jan-Lukas Waibel und Freundin Caro hatten ihren Schafpudel „Socke“ auf der Ladefläche ihres Bikes mitgenommen – dem Hund schien es zu gefallen. In den USA nahmen die Leute von „Critical Mass“ gerne bei ihren Ausfahrten mit sogenannten Freakbikes teil. Dieser Tradition fühlte sich am Freitag offenbar auch eine Teilnehmerin verpflichtet und verbunden: Die Lichterkette vom Weihnachtsbaum diente als Hingucker für ihr Liegerad; leider funktionierte die Seifenblasenmaschine nicht. Sie wäre ein Symbol dafür gewesen, dass es bei „Critical Mass“ friedlich zugeht.

Trotzdem ließen sich Polizeibeamte blicken: Sie machten auf eine angemeldete Demonstration der „Spaziergänger“ aufmerksam, die von den Radfahrern nicht gestört werden dürfe. Augenoptiker Michael Ritters stand in der Tür seines Geschäfts an der Sebastianusstraße, während links die „Spaziergänger“ stumm gegen eine mögliche Impfpflicht demonstrierten und rechts sieben Aktivisten darauf hofften, dass doch noch eine „Critical Mass“ mit mindestens 15 Teilnehmern erreicht werden könnte. Ritters bezeichnete die Sebastianusstraße als „Hauptlebensader für den schnellen Einkauf mitten in Neuss“. Die Sperrung der Straße vor seiner Haustür für den Autoverkehr habe einen Arbeitsplatz gekostet, von der Politik fühlten er und andere Geschäftsleute sich allein gelassen.