Singvögel brauchen Lebensraum
Ulrike Silberbach und ihre Kollegen von der NABU-Ortsgruppe Kaarst appellieren, die Tieren zu unterstützen.
Kaarst. Wer in diesen Tagen in seinem Garten sitzt und das sommerliche Wetter genießt, kann zuweilen von einem betörenden Konzert unterhalten werden: Denn auch wenn nicht alle Vogelarten in Kaarst die für sie passenden Lebensbedingungen vorfinden, so singen doch die, die sich dort heimisch und wohlfühlen, oft ihr schönstes Lied.
„Die Gärten bieten vielen einheimischen Arten ganz gute Bedingungen, die meisten Leute spritzen ja auch kein Gift mehr“, erläutert Ornithologin Ulrike Silberbach, die sich seit vielen Jahren in der Kaarster Ortsgruppe des NABU engagiert. „Und das betrifft nicht nur die Allerweltsvögel wie Amsel, Kohl- oder Blaumeise. Auch die Mönchsgrasmücke mit ihrem wunderschönen Gesang höre ich oft.“ Zwischen den Häuserreihen verloren gegangen sei hingegen der Hausspatz.
„Hoch dramatisch ist die Entwicklung auf dem Feld. Das liegt eindeutig an der sehr intensiven Landwirtschaft, die kein Wildkraut zulässt. Es gibt keinen Ackerrand, der für Insekten und damit auch für die Vögel von großer Bedeutung ist.“ Deshalb begrüßt die pensionierte Biologielehrerin, die die Liebe zu den gefiederten Freunden von ihrem Vater und ihren Brüdern sozusagen gelernt hat, auch die Vorgabe für die Landwirte, dass ein gewisser Prozentsatz des Ackerlandes in sogenannte Blühstreifen umgewandelt wird. Dabei ist es wichtig, eine ausgewogene Mischung verschiedener Pflanzen zu wählen, um möglichst vielen Insekten als Lebensraum und Nahrungsquelle zu dienen.
„Diese Entwicklung wird positiv sein für Feldvögel wie Bluthämpflinge oder Bachstelzen sowie Rebhühner, die für ihre Brut die Insekten als Nahrung benötigen“, so Silberbach. „Im vergangenen Jahr habe ich ein Rebhuhn-Paar beobachtet, aber ich habe keinen Kibitz gesehen. Ihm fehlen die Brutmöglichkeiten, denn es wächst nur, was auch wachsen darf.“ Die Feldlerche hingegen, so Ulrike Silberbachs Beobachtung, scheint sich an die Bedingungen gewöhnt zu haben.
„Dass es einige Vogelarten in und um Kaarst so schwer haben, liegt unter anderem auch daran, dass wir nur wenige Wälder haben. Und wo wenig Wald ist, ist auch wenig Vielfalt. Wir schätzen aber die Bemühungen der Stadt Kaarst sehr, denn die Waldfläche hat in den vergangenen Jahren deutlich zugelegt.“ Dennoch: Wenn Ulrike Silberbach auf ihrer Terrasse hinter ihrem Haus in Büttgen sitzt und der Natur lauscht, kann sie noch immer einige kleine Kerlchen heraushören: „Ich höre die Mönchsgrasmücke, Rotkehlchen, Amseln, Ringel- und Türkentauben, ich höre Mauersegler kreischen, Buch- und Grünfinken singen ihre Lieder, ein Elsternpaar, das in einem benachbarten Baum gebrütet hat, ist zu hören — und abends auf dem Spielplatz singen Dohlen. Aber es sind schon weniger Vögel geworden, was die Anzahl angeht, aber auch, was die Artenvielfalt angeht.“
Dagegen könne aber jeder etwas tun: Sinnvoll sei es, Futterhäuschen an geeigneten Stellen anzubringen und sie mit passendem Futter auszustatten. Nistkästen erfüllen eine ebenso wichtige Aufgabe wie Hecken, in denen Vögel brüten können. „Besonders wichtig ist es aber, die Gärten naturnah zu gestalten. Das ist zwar mehr Arbeit, bietet aber vielen Insekten Lebensraum, und die wiederum dienen den Vögeln als Nahrung, vor allem der Brut.“
Silberbach wünscht sich, dass auch die Städte ihr Bewusstsein ändern und die Grünanlagen ebenfalls naturnäher gestalten und sie nicht so häufig mähen. „Die Straßenränder sind zu wichtige Biotopen geworden. Dort sollte man die Pflanzen wachsen und samen lassen.“