So profitiert der Rhein-Kreis von der Tour

Die Städte hoffen auf viele Tagestouristen, von denen Gastronomie und Handel Nutzen ziehen.

Rhein-Kreis. Der „Konsolen-Faktor“ ist ein ziemlich guter Indikator für Größe. Wenn die Marketing-Maschine richtig brummt, dann gibt’s dazu auch ein Spiel für Playstation 4 oder Xbox One. Jeder möchte schließlich ein Stück vom großen Kuchen abgreifen — und der Kuchen, den es in diesem Fall zu verteilen gibt, ist die Tour de France. Sie zählt zu den größten Sportereignissen der Welt. Kein Wunder also, dass — kurz bevor die Radfahrer in Düsseldorf an den Start gehen und danach durch den Rhein-Kreis fahren — ein entsprechendes Spiel für die genannten Konsolen erschienen ist. Das Marketing brummt.

Und mit der Tour kommen die Touristen. Und die bringen Geld mit. Hinter den Kulissen geht es daher vor allem um den Wirtschaftsfaktor des größten Radrennens der Welt. Jürgen Sturm, Geschäftsführer von Neuss Marketing, und sein Team haben im Vorfeld reichlich die Werbetrommel für die Tour-Durchfahrt gerührt — auf Tourismusmessen oder kürzlich auf dem Hansetag in Kampen (Niederlande). Gerade von dort — das Nachbarland gilt als Radfahrer-Nation — werden am kommenden Wochenende viele Gäste erwartet. „Es ist allerdings schwer zu schätzen, wie viele kommen“, sagt Sturm. Zumal die Kommunen im Rhein-Kreis — die Tour rollt durch Neuss, Kaarst, Meerbusch und Korschenbroich — gerade bei Tagestouristen in Konkurrenz zu Düsseldorf und weiteren Stationen wie Mönchengladbach stehen.

Bei den Touristen gibt es im Kern drei Zielgruppen. Erstens: Gäste, die in Hotels oder anderen gewerblichen Betrieben mit mehr als zehn Betten nächtigen. Sie bringen pro Person und Tag rund 140 Euro in die Region. Das hat die ift Freizeit- und Tourismusberatung im Auftrag der Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein vor zwei Jahren für die Studie „Tourismuswirtschaft am Niederrhein“ ermittelt. Zweitens kommen Gäste, die in nicht-gewerblichen Betrieben mit unter zehn Betten übernachten. Sie bringen im Schnitt rund 67 Euro pro Tag. Dritte Zielgruppe sind die Tagestouristen, die pro Person und Tag rund 25 Euro in die Region bringen. Gerade Letztere werden verstärkt am Tour-Wochenende erwartet. „Davon wird die Gastronomie profitieren“, sagt Sturm: „Und wohl auch der Einzelhandel — zum Beispiel in Neuss mit einem verkaufsoffenen Sonntag.“

Eher durchwachsen sieht es hingegen bei den Hotels aus. In Neuss profitiert zwar zum Beispiel das Dorint. „Wir sind sehr, sehr gut belegt“, sagt Direktor Emre Sinanoglu. Das hängt aber nicht nur mit Touristen zusammen. Drei Rad-Teams haben sich dort einquartiert, jedes bringt bis zu 30 Personen mit.

In Hotels, in denen keine Teams nächtigen, ist die Nachfrage geringer. Im Swissôtel Düsseldorf-Neuss hat die Tour laut Sprecherin Barbara Bücken keinerlei Einfluss auf die Belegung. Ähnlich sieht es im Holiday Inn Düsseldorf-Neuss aus. „Für uns ist es ein normales Wochenende“, sagt Direktor Arnd Hagemeier.

Mit Sport lässt sich gutes Geld verdienen. Allerdings muss zwischen punktuellen und dauerhaften Ereignissen unterschieden werden. „Der Sport ist ein bedeutsamer Wirtschaftsfaktor für eine Stadt oder eine Region. Das hat zum Beispiel eine regionalwirtschaftliche Studie der Hochschule Niederrhein zu den wirtschaftlichen Effekten von Borussia Mönchengladbach gezeigt. Das sind dauerhafte Effekte“, erklärt IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz: „Bei punktuellen Sportereignissen wie der Tour sind die wirtschaftlichen Effekte überschaubarer und von Austragungsort zu Austragungsort unterschiedlich.“

Steinmetz lenkt den Blick noch auf einen anderen Effekt: das internationale mediale Interesse. Dies sei nicht zu unterschätzen. „Neuss hat die Möglichkeit, sich international zu präsentieren. Somit sind solche Großereignisse ein wichtiges Marketinginstrument.“