Stadt will Mitarbeiter schützen: Im Notfall schreitet der „Guard“ ein
Stadt hat für Mitarbeiter ein Konzept entwickelt, um Eskalationen zu begegnen.
Neuss. Vor anderthalb Jahren wurde eine Sachbearbeiterin im Jobcenter von einem Arbeitslosen erstochen. Ungefähr zum gleichen Zeitpunkt hatte die Stadt Neuss damit begonnen, für ihre Mitarbeiter ein umfangreiches Notfallmanagement zu entwickeln, das inzwischen seit einem halben Jahr greift. Mit Erfolg: In diesem Zeitraum kam es in sensiblen Bereichen des Rathauses wie der Fachstelle für Wohnungsnotfälle, dem Allgemeinen Sozialen Dienst oder der Vollstreckungsstelle zu 20 Vorfällen. „Vier davon waren durchaus rabiaterer Art, und der Kunde musste mit Nachdruck aus dem jeweiligen Raum verwiesen werden“, berichtet Dolores Burkert.
Die Verwaltungsdirektorin hat den Notfallplan federführend konzipiert. Natürlich seien freundliche Kontakte in den Ämtern die Regel, „Eskalationen kann man aber nie ausschließen“. Das Neusser Konzept sei zwar vor allem für den Schutz der Mitarbeiter vor Bedrohungen entwickelt worden, „es ist aber so umfassend, dass es auch für andere Krisen und Katastrophen wie etwa bei einer Pandemie Anwendung finden könnte“, so Burkert.
Die Stadt hat sich für die Ausarbeitung professionelle Hilfe von der Firma Securitas Art Services geholt. „Dieses Notfallmanagement zählt zu den absolut besten, die ich kenne“, sagt Geschäftsführer Dirk Dernbach, der vor allem die Einbeziehung aller Mitarbeiter lobt: „Ich kenne jetzt bei der Stadtverwaltung nahezu jeden persönlich.“
Die Arbeitsgruppe hat in einem „Bedrohungsatlas“ die besonders brisanten Ämter gekennzeichnet. „Dort gibt es auch Kameras, die aber nur auf Knopfdruck scharf gestellt werden“, sagt Burkert. Mitarbeiter aller Abteilungen wurden zu medizinischen und psychologischen Ersthelfern ausgebildet, auch Evakuierungshelfer gibt es für alle Eventualitäten.
Der Ausgangpunkt einer Alarmkette ist ein Knopf am Telefon, der einen unauffälligen Ton auslöst, damit andere Kunden nicht in Panik geraten. Die Mitarbeiter der Stadtverwaltung sollen daraufhin ebenfalls ihr Telefon abheben und erhalten über den Alarmserver eine Nachricht, was zu tun ist.
Dann kommt auch Hans-Joachim Kiwitz ins Spiel. Der unbewaffnete Guard von Securitas eilt zum Ort des Geschehens, wenn er über sein Notfallhandy herbeigerufen wird. Hat er den Eindruck, er sei dem Konflikt nicht gewachsen, alarmiert er sofort die Polizei.
Doch die städtischen Mitarbeiter in Neuss wissen sich zunehmend, auch selbst zu helfen. 150 der insgesamt 1600 Angestellten haben bereits an Wochenenden den Lehrgang „SchuKon“ (für Schutzkonzept) des Polizeisportvereins durchlaufen. „Weitere 150 folgen jetzt in diesem Jahr, sukzessive sollen nach Möglichkeit alle dieses Programm absolvieren“, erklärt Burkert.
Dabei geht es um deeskalierende Maßnahmen, die jeder ergreifen kann. In Notwehrsituationen sollen die Schulungsteilnehmer aber auch in der Lage sein, Techniken zur Gewaltabwehr anwenden zu können.