(brh) In der Stadt Neuss lebten 1933 noch 227 Bürger jüdischen Glaubens. 204 dieser Menschen wurden in der Zeit des Nationalsozialismus deportiert und ermordet. Am diesjährigen Gedenktag Jom Hashoa (Tag des Gedenkens an die Schoah) erinnerte die Jüdische Gemeinde Neuss an diese Jüdinnen und Juden.
In einer kleinen Zeremonie verlasen 16 Neusser die Namen der 204 Opfer. Mit dieser öffentlichen Namenslesung in den Rathaus-Arkaden wollen die Jüdische Gemeinde, die Stadt und die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit dieser Menschen gedenken und an ihr schreckliches Schicksal erinnern. Dieses Gedenken wurde in Neuss zum elften Mal veranstaltet, angeführt von Bürgermeister Reiner Breuer und Bert Römgens, Verwaltungsdirektor der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf. Der Gedenktag, so erläuterte Römgens, werde seit 1951 weltweit begangen. Er findet jeweils am 27. Nissan des jüdischen Kalenders statt: „Jom Hashoa ist geprägt von Trauer und Gedenken.“ In Neuss waren am Donnerstag rund 50 Bürger zusammengekommen, um der Namenslesung zu folgen.
Durch die Verlesung möchten die Veranstalter den 204 Neussern „einen Teil der Ehre und des Respekts zurückgeben und an sie erinnern, denn: jeder Mensch hat einen Namen.“ In seiner Rede griff Bert Römgens aber auch den aktuellen Antisemitismus auf. Seit dem Überfall der Hamas am 7. Oktober 2023 auf Israel sei nichts mehr wie es war. Bei Demonstrationen in Deutschland werde Israel das Existenzrecht abgesprochen. Antisemitische Vorfälle hätten sich in den Jahren 2023 und 2024 nahezu verdoppelt. In einem Seminarraum der Philosophischen Fakultät der Heinrich-Heine-Universität beklagt Römgens Schmierereien wie „Juden ins Gas“, „Juden nach Auschwitz“ oder „Happy Holocaust“.
Den aktuellen Bezug betonte auch Bürgermeister Breuer. Er forderte die Bürger und die Politiker auf, Haltung zu zeigen und stark gegen Rechtspopulisten zu sein. Diese Haltung zeigten auch die 16 Neusser Bürger, die sich die Lesung der 204 Namen teilten. Es lasen Bürgermeister Reiner Breuer, Oded Horowitz, Vorsitzender Landesverband Jüdische Gemeinden Nordrhein, Dorothea Gravemann, Vorsitzende der Gesellschaft Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, Leon Sztabelski, Hermann Gröhe, Cornel Hüsch, Monika Mertens-Marl, Oberpfarrer Andreas Süß, Dezernentin Ursula Platen, Justus Kalhi, Sascha Karbowiak, Carl-Philipp Sassenrath, Pfarrer Ralf Laubert, Bert Römgens sowie Sanya und Karoline, Schülerinnen des Nelly-Sachs-Gymnasiums.