Pessach Eine 3300 Jahre lange Traditionskette

Krefeld · Pessach gehört zu den wichtigsten Festen im Judentum. Gefeiert wird es vom Samstagabend, 12. April, bis Sonntagabend, 20. April.

Rabbi Yitzchak Mendel Wagner an der für den Pessach-Seder gedeckten Tisch. Die Dekoration symbolisiert den Auszug aus Ägypten.

Foto: Andreas Bischof

Am Samstagabend, wenn drei Sterne am Himmel stehen (gegen 21 Uhr), beginnt Pessach – eines der wichtigsten Feste des Judentums. Acht Tage dauert das Fest und endet am Sonntagabend, 20. April. „Pessach erinnert an den Auszug aus Ägypten vor mehr als 3300 Jahren und die Befreiung aus der ägyptischen Versklavung“, erklärt Rabbi Yitzchak Mendel Wagner von der Jüdischen Gemeinde Krefeld.

„Das Schöne ist, es ist eine Traditionskette, die seit 3300 Jahren fortbesteht“, so Wagner. „Wenn man sich in eine Zeitmaschine setzen würde und immer um ein Jahr zurückgeht zum Pessach, würde man irgendwann in Ägypten sitzen.“ Zu Pessach wird die Geschichte von der Befreiung des Volkes Israels aus der ägyptischen Sklaverei erzählt und an die Kinder weitergegeben. „Es ist immer die gleiche Geschichte, seit 3300 Jahren“, so Rabbi Wagner. Für ihn ist das „der größte Beweis, dass es historisch so passiert ist. Wir essen das gleiche Essen, sprechen die gleiche Sprache. Andere Reiche, wie das ägyptische, das griechische oder das römische Reich, sind vergangen, aber das jüdische Volk ist gleichgeblieben.“ Es gebe auch archäologische Beweise, beispielsweise Listen über Sklaven mit jüdischen Namen.

Feier im Familienkreis oder gemeinsam in der Gemeinde

Den Auftakt zum Pessach-Fest bildet der Seder am Samstagabend. Seder ist das hebräische Wort für „Ordnung“ und bezeichnet den klar geregelten Ablauf des Abends. „Das Wichtigste beim Seder sind die Kinder“, erklärt Rabbi Wagner. „An sie wird die Geschichte weitergegeben. Es ist wie eine Fackel bei Olympia, die weitergereicht wird.“ Gefeiert wird im Familienkreis oder gemeinsam in der Gemeinde. „Bei uns werden um die 80 Gemeindemitglieder dabei sein.“ Die Tische im Krefelder Gemeindesaal sind mit kleinen Pyramiden, Palmen und Figuren geschmückt, die den Auszug aus Ägypten symbolisieren. Dazu sind blaue Tücher auf den Tischen drapiert, die das geteilte Meer darstellen, durch die die Figuren wandern.

Beim Seder werden unter anderem symbolische Speisen gemeinsam eingenommen, deren Bedeutung jeweils erklärt wird. Dazu gehören beispielsweise die Mazzot – dabei handelt es sich um ungesäuertes Brot. Während der gesamten acht Pessach-Tage dürfen Juden nichts verzehren, was mit Gesäuertem (Chamez) zubereitet wurde. Darunter fallen beispielsweise die Getreidesorten Roggen, Weizen, Hafer, Gerste oder Dinkel, die mehr als 18 Minuten im Wasser waren.

„Pessach wird sehr intensiv vorbereitet“, berichtet Rabbi Wagner. Vor dem Fest muss alles, was gesäuert ist, aus den Wohnungen entfernt werden. „Auch der kleinste Krümel“, unterstreicht der Rabbiner. „Ich glaube, daher rührt der Brauch des Frühjahrsputzes bei Nicht-Juden. Die Nachbarn haben gesehen, wie die Juden alles ausgeräumt haben.“

Zu den Speisen, die beim Seder gegessen werden, gehört unter anderem bitterer Salat. „Dieser ist eine symbolische Erinnerung an die Bitternis der Sklaverei.“ Salzwasser erinnert an die in der Sklaverei vergossenen Tränen. „Eine Mischung aus Nüssen und Äpfeln symbolisiert den Mörtel und Lehm, mit dem die Sklaven die ägyptischen Gebäude bauen mussten“, erklärt Rabbi Wagner. Durch die symbolischen Speisen entstehe „ein tieferes Verständnis“.

Zu den symbolischen Speisen beim Seder gehört zudem ein Knochen mit etwas gebratenem Fleisch. Dieser erinnert an das Schlachten des Lammes am Abend des Auszugs aus Ägypten. Nach den ersten neun Plagen kündete Gott die Tötung der Erstgeborenen von Mensch und Tier an. Um verschont zu bleiben, sollte jede israelitische Familie abends ein Lamm schlachten und mit dessen Blut die Türpfosten bestreichen. An den so markierten Häusern ging der Todesengel vorüber.

Ebenfalls zum Seder gehören vier Gläser Wein – für die Kinder Traubensaft –, die über den Abend verteilt getrunken werden. „Einen symbolischen Becher Wein stellen wir für den Propheten Elija als unsichtbaren Gast bereit“, sagt Wagner. Der Prophet Elija wird erwartet, um das Kommen des Messias anzukündigen.

Der Sederabend dauert sehr lange, wie der Rabbiner erklärt. „Die Kinder stehen dabei im Fokus. Es ist ein sehr fröhliches Fest, bei dem wir viele Lieder singen.“ Zudem werden Texte aus der Haggada (Erzählung und Handlungsanweisung für den Seder) gelesen. „Es endet mit der Hoffnung auf das Kommen des Messias und den Wiederaufbau des dritten Tempels.“

Wie schon im vergangenen Jahr werde es auch dieses Mal ein besonderer Pessach-Seder, betont Rabbi Wagner. „Noch immer sind 30 oder 40 Geiseln in Gefangenschaft der Hamas. Wir hoffen, dass die Geiseln befreit werden, wie damals die Juden aus der Sklaverei befreit wurden.“