Strategie gegen Schneechaos
AWL führt Probleme im Dezember auf ausbleibende Salzlieferungen zurück. Politiker im Hauptausschuss bemängeln, dass in Neuss überhaupt nicht geräumt worden sei.
Neuss. Der Winter kann wieder kommen. Die 300 Tonnen fassenden Salz-Silos bei der AWL sind prall gefüllt, sogar die Fahrzeughalle auf dem Gelände an der Moselstraße wurde zweckentfremdet, um die Mengen an Salz lagern zu können.
Das sah im Dezember ganz anders aus. Nicht geräumte oder gestreute Straßen und Bürgersteige verärgerten die Neusser. Es gab massive Engpässe bei der Nachlieferung mit Streusalz. Doch war das der einzige Grund für die unbefriedigenden Zustände? Dieser Frage stellten sich Verwaltung und AWL Donnerstagabend im Hauptausschuss.
Stadtwerke-Geschäftsführer Stephan Lommetz — die AWL ist eine Tochtergesellschaft der Stadtwerke — blickte zurück auf die schneereichen Wochen im Dezember und erklärte, dass man nach den ausbleibenden Salzlieferungen auch Nachbarbetriebe kontaktiert und sogar alternative Lieferanten im Ausland angesprochen hätte.
„Doch wir mussten feststellen, dass die Probleme überall gleich gelagert waren und die Bereitschaft, der AWL sofort Salz zur Verfügung zu stellen, nicht gegeben war.“
Neben dem Stammlieferanten, der sich bereits im vergangenen Jahr als unzuverlässig erwiesen habe, hätte man zusätzlich bei einem weiteren Unternehmen geordert. Lommetz: „Vertraglich zugesichert waren auf diese Weise 1600 Tonnen. Das wäre mehr als ausreichend gewesen.“
Seine Mitarbeiter nahm der Stadtwerke-Geschäftsführer in Schutz: „Dass man sie tagsüber kaum gesehen hat, lag daran, dass sie überwiegend nachts unterwegs waren. Weihnachten gab es für die AWL 2010 nicht.“
Das wiederum wollten vor allem die Parteien der Opposition so nicht stehen lassen. Der fraktionslose Gerhard Quentin warf der AWL vor, „absolut dilettantisch“ gehandelt zu haben: „Während in anderen Kreisstädten zumindest die Hauptstraßen frei waren, wurde in Neuss überhaupt nicht geräumt.“
Dass die AWL diese Vorgehensweise sogar als Absicht verbreitet habe (der Schnee solle sich festfahren), empfand Bernhard Pickert-Goldenbogen (Die Linke) als „skandalös“. Auch Reiner Breuer (SPD) empfand die erbrachten Leistungen der AWL als „völlig unzureichend“.
Da man aus Schaden bekanntlich klug wird, haben sich die Verantwortlichen im neuen Jahr einiges überlegt, um in Zukunft gegen einen harten Winter gewappnet zu sein. So wird über den Bau oder die Anmietung eines eigenen Salzlagers nachgedacht.
Der vorhandene Maschinenpark soll darüber hinaus einer Prüfung unterzogen werden. Und auch über eine Aufstockung des Personals müsse gesprochen werden. Geräte aus der Landwirtschaft, dem Tiefbau oder aus dem Garten- und Landschaftsbau könnten ebenfalls eingesetzt werden.
Vor allem benötige Neuss aber eine Strategie, um bei derartigen Schneemassen, wie sie Ende des vergangenen Jahres aufgetreten seien, künftig schneller auf die vorhandenen Ressourcen zurückgreifen zu können.
Dazu zählten auch neue Auftauverfahren (etwa Solelösungen), da derzeit verwendetes Feucht-Salz bei Extremsituationen an Grenzen stoße. Nicht zuletzt solle die aktuelle Prioritätenliste der zu bearbeitenden Straßen überprüft werden.