Studie: Neuss ist für Mieter ein teures Pflaster

Neusser müssen durchschnittlich 30,1 Prozent des Monatsbudgets für die Miete einplanen. Nur in Bonn liegt der Wert höher.

Neuss. Rote Karte für die Wohnungsbaupolitik, rote Schlussleuchte für Neuss: In (fast) keiner Stadt müssen Mieter von ihrem Einkommen mehr für die Wohnungsmiete ausgeben, als in Neuss. Durchschnittlich, so stellt die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung in einer Studie fest, sind vom Monatsbudget 30,1 Prozent dafür einzuplanen. Allein Bonn ist mit 30,3 Prozent unter den 77 untersuchten Großstädten über 100 000 Einwohner noch teurer.

Das Mietniveau trifft auch und vor allem ältere Menschen. „Zu uns kommen oft Leute, die vor dem Schritt in die Rente stehen und wissen, dass sie sich ihre Wohnung dann nicht mehr leisten können“, berichtet Beate Glöckler. Sie ist Rechtsberaterin im Büro des Mietervereins am Konvent — und keine Maklerin. Aber sie weiß: „Preiswerten Wohnraum gibt es kaum.“ Also versucht sie, wenn sie mit solchen Notlagen konfrontiert ist, die Vermieter zu einer Senkung ihrer monatlichen Forderung zu bewegen. Das gelinge nur im Ausnahmefall.

Neuss gehört auch künftig nicht zu den Regionen mit einer sinkenden Bevölkerungszahl. Eher ist das Gegenteil zu erwarten. Doch Wohnraum ist schon jetzt ein knappes (und damit teures) Gut. Und die Fertigstellungszahlen liegen in den vergangenen drei Jahren deutlich unter dem früheren Mittelwert von 295 neuen Wohnungen per anno. Diese Erkenntnis aus dem „Wohnungsmarkt-Monitoring“, der erst vergangene Woche den Sozialausschuss beschäftigte, steht damit eigentlich im Widerspruch zu dem gutachterlich festgestellten Wohnungsmangel. Den bezifferte Planungsamtsleiter Christian Unbehaun im Sozialausschuss mit 5700 bis zum Jahr 2030. Der Rhein-Kreis ging zuletzt auf der Basis einer Studie der Firma INWIS von einem fast doppelt so hohen Bedarf für die Stadt — exakt: 9610 Wohnungen — aus, während im Gesamtkreis 21 000 fehlen sollen.

Damit beim Thema Mieten Druck aus dem Kessel kommt, verstärkt der Neusser Bauverein seine Neubautätigkeit und investiert in den kommenden Jahren dafür eine halbe Milliarde Euro. Erstmals, so erklärt Vorstand Frank Lubig, werden in den Quartieren neben öffentlich geförderten Wohnungen (Mietpreis: 5,75 Euro je Quadratmeter) nun auch solche gebaut, die mit 6,65 Euro Quadratmeter-Miete auch für die Mittelschicht erschwinglich sind. Einen „Wohnberechtigungsschein“ für diese Förderstufe gibt es für Familien auch mit einem Jahreseinkommen von 72 548 Euro noch. Ob jemand Anspruch hat, kann er mit dem „WBS-Rechner“ auf der Internetseite des Bauvereins klären.