Verbautes Arsen: Firma teilweise entlastet
In zahlreichen Straßen wurde giftiges Material verbaut. Die Ermittlungen gegen drei Beschuldigte sind inzwischen eingestellt, gegen einen Firmenangehörigen wird noch ermittelt.
Grevenbroich/Gladbach. Es ist ein echter Umweltskandal: In 18 Kommunen wurde in den vergangenen Jahren hochgiftiges Bettungsmaterial in Straßen eingebaut. Alleine in Mönchengladbach sollen es mehr als 1000 Tonnen sein. Arsen, Blei, Antimon (ein hochtoxisches chemisches Element) — die Liste der Schadstoffe in dem verseuchten Bettungsmaterial ist lang.
In Grevenbroich flog die Umweltsünde auf: Ein Mitarbeiter der Stadtverwaltung hatte im November 2011 festgestellt, dass der Straßenunterbau im Kapellener Neubaugebiet mit Schwermetall belastet war. Seitdem wird gegen Tholen ermittelt. Die Bauunternehmung teilte jedoch mit, dass das staatsanwaltliche Ermittlungsverfahren wegen unerlaubter Verwendung gefährlicher Abfallstoffe gegen die Firma eingestellt worden sein.
Eine Nachfrage bei der Mönchengladbacher Staatsanwaltschaft ergab: Stimmt nicht. Zumindest nicht so ganz. „Bezüglich drei Beschuldigten bei der Firma wurden die Ermittlungen tatsächlich eingestellt. Aber es gibt noch einen weiteren Beschuldigten bei der Firma“, sagte Staatsanwalt Benjamin Kluck. Sprich: Die Ermittlungen sind nicht komplett eingestellt. Und so könnte es demnächst vor Gericht um die Fragen gehen: Wusste einer aus der Firmenleitung von Tholen, dass er hochgiftiges Material einbaute? Und täuschte er die Kommunen in betrügerischer Absicht, in dem er verschwieg, was er da verwendete?
Die Firma selbst hat die Vorwürfe bis jetzt immer zurückgewiesen. Der Lieferant habe das Bettungsmaterial als „gütegeschütztes und fremdüberwachtes Material“ geliefert, teilte der damalige Seniorchef von Tholen schriftlich mit. Und: „Es bestanden absolut keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der zugesagten Eigenschaften.“
Im Fall Grevenbroich wirft die Deutsche Stadt- und Grundstücks-Entwicklungsgesellschaft (DSK) der Geilenkirchener Bauunternehmung vor, anderes Material verwendet zu haben als ursprünglich vereinbart. Als Entwickler des Neubaugebiets hatte sie im Juli 2013 auf eine Kostenvorerstattung von mehr als 600 000 Euro geklagt. Laut Stadt Grevenbroich läuft das Verfahren noch, es liege beim Landgericht Aachen.
Nach dem Umwelt-Skandal wurden in Kapellen umfangreiche Sanierungsarbeiten in Angriff genommen. Auf sechs Straßen des Neubaugebietes wurde 2013 der Pflasterunterbau komplett ausgetauscht. Dreieinhalb Monate waren Arbeiter mit Spezialgerät im Einsatz. Etwa 8200 Quadratmeter Pflastersteine mussten entfernt und wieder verlegt werden. Weil die Anlieger in Sorge waren, hatte die Stadt eine Bürgerversammlung mit dem Toxikologen Professor Ulrich Ewers veranstaltet. Er informierte über mögliche Gefahren für die Gesundheit.
Wie Staatsanwalt Kluck sagte, laufen nach wie vor die Ermittlungen des Landeskriminalamtes, das untersucht, wo das Material herkam und an wen es geliefert wurde.