Verhindert der Kreis ein neues Altenheim in Norf?
Der Neusser Bauverein will nächstes Jahr mit dem Bau beginnen — doch der Kreis sieht keinen Bedarf.
Neuss. Wer einen Platz in einem Neusser Altenheim haben möchte, muss Geduld mitbringen. „Die Einrichtungen sind ausgebucht. Es gibt überall Wartezeiten“, berichtet Hans-Peter Oebel, der Leiter des Neusser Sozialamtes. Daher hatte der Stadtrat schon im Mai diesen Jahres beschlossen, dass der Neusser Bauverein an der Nievenheimer Straße in Norf ein neues Seniorenheim und Wohnungen bauen soll. Bedingungen: Der Bauverein muss vor Abschluss des Kaufvertrages verbindlich erklären, wer Betreiber des Altenheims wird, zeitnah eine Baugenehmigung beantragen und spätestens ein Jahr nach der Erteilung mit dem Bau beginnen.
Dieser Beschluss könnte allerdings hinfällig sein. „Ich befürchte, dass der Rhein-Kreis das Projekt sterben lässt, obwohl die Planungen schon seit 30 Jahren laufen“, sagt CDU-Politikerin Waltraud Beyen empört. Grund für ihre Besorgnis ist eine Änderung des Alten- und Pflegegesetzes, das den Kommunen wieder ein Mitspracherecht bei der Bedarfsplanug von Altenheimplätzen zuspricht.
Eine Novelle, die die Heimaufsicht des Rhein-Kreises begrüßt, denn die Verwaltung hat mittlerweile ein Überangebot im Kreisgebiet festgestellt. „Außer in Kaarst wird es im Laufe des Jahres 2015 in allen kreisangehörigen Städten zu einem Überhang an Pflegeplätzen kommen“, erklärt Jürgen Steinmetz, der Allgemeine Vertreter des Landrats. In Neuss stünden inklusive des neuen Demenz-Kompetenzzentrums an der Steinhausstraße mit 40 Plätzen und des neuen Pflegeheims an der Katharina-Braeckeler-Straße mit 80 Plätzen dann 1224 Heimplätze zur Verfügung — 82 zu viel, denn benötigt würden nur 1142 Plätze, so die Meinung der Gutachter. Für ein zusätzliches Heim in Norf gebe es kein Bedarf.
Schon jetzt verzeichne man kreisweit etwa 150 nicht belegte Plätze, berichtet Steinmetz. „Ohnehin haben wir bis heute keinen Antrag für einen Neubau in Norf vorliegen, weder vom Träger noch von der Stadt Neuss“, berichtet Steinmetz. Er verweist auf die nahegelegenen Einrichtungen in Weckhoven, Reuschenberg, Gnadental und Grimlinghausen mit insgesamt 513 Plätzen.
Ziel des Rhein-Kreises sei es, eine optimale Versorgung im gesamten Kreisgebiet sicherzustellen, die den Bedürfnissen der älteren Menschen entspreche. „Die wenigsten wollen ihren Lebensabend in einem Heim verbringen“, erklärt der Kreissozialdezernent. „Vielmehr wollen sie so lange wie möglich zu Hause wohnen bleiben.“ Deshalb werde der Kreis die ambulante Versorgung stärker fördern. „Bis 2016 werden wir keine weitere Bedarfsbestätigung erteilen“, sagt Steinmetz. Das schließe die Baupläne für Norf ein.
Waltraud Beyen will sich davon nicht abschrecken lassen. „Ich werde für das Altenheim in Norf kämpfen“, erklärt sie. Hans-Peter Oebel weist auf einen anderen Aspekt hin: „Es gibt kein Netzwerk zwischen den Heimen.“ Somit falle Laien die Übersicht über freie Plätze schwer.