Wohnraum in Neuss Politik erwartet Zahlen von Airbnb
Neuss. · Dehoga und Mietervereine kritisieren, dass durch die Onlineplattform Wohnraum verloren ginge.
Für Sascha Karbowiak ist die Sachlage klar. Wenn Wohnungen über Buchungsportale wie Airbnb zur Vermietung an Touristen und Kurzzeit-Gäste – zum Beispiel zu Messe-Zeiten – angeboten werden, dann hat das Auswirkungen auf den ohnehin angespannten Wohnungsmarkt in Neuss. „Wir brauchen bezahlbaren Wohnraum. Alleine mit Neubauten werden wir den Bedarf nicht stemmen können“, sagt der SPD-Stadtverbandsvorsitzende. Im Februar haben SPD und Linke die Diskussion um Angebote wie Airbnb wieder in den Fokus gerückt. Der Ausschuss für Planung und Stadtentwicklung beschloss, dass die Verwaltung prüfen soll, wie viele Wohnungen in Neuss dem Wohnungsmarkt dauerhaft durch gewerbliche Vermietung als Ferienwohnung entzogen werden. Im Herbst soll der Bericht vorgelegt werden. Ein Zwischenergebnis liegt im Rathaus bereits vor.
Die „Ferienwohnungen“ sind nicht im günstigen Wohnraum-Bereich
Allerdings relativiert dies den Einfluss von Portalen wie Airbnb auf den Wohnungsmarkt in Neuss. Stadtsprecher Tobias Spange erklärt, dass es im Vergleich zum Vorjahr zwar eine Steigerung bei den über Buchungsportale an Feriengäste vermieteten Wohnungen in Neuss gebe. „Aber im Verhältnis zur Gesamtzahl der Wohnungen in Neuss handelt es sich um einen sehr, sehr geringen Anteil“, sagt Spange. „Und wir reden über Wohnungen, die nicht ins Segment ,günstiger Wohnraum’ fallen.“
Der Bericht und die belastbaren Zahlen werden von der Politik dennoch mit Spannung erwartet. Zumal durch den Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga), der seine NRW-Zentrale in Neuss hat, jetzt neuer Schwung in die Diskussion kommt. Im Verbund mit Mietervereinen aus Düsseldorf, Köln, Bonn und Aachen wird Airbnb aufgefordert, alle Zahlen der durch die Online-Plattform vermieteten Ferienwohnungen in NRW offenzulegen.
Anlass ist eine in der vergangenen Woche vorgelegte Untersuchung des Forschungsinstituts Empirica für Berlin, Hamburg, München und Dortmund im Auftrag von Airbnb. Darin ging es um den Einfluss von Kurzzeitvermietungen über Airbnb auf den Wohnungsmarkt. Ergebnis: Ein spürbarer Zusammenhang zwischen Mietpreissteigerungen und der Entwicklung angebotener Unterkünfte auf Airbnb in den Städten sei nicht erkennbar.
Der Dehoga und die Mietervereine sind allerdings skeptisch. Aus den Ergebnissen leiten sie in einer gemeinsamen Stellungnahme ab, „das in den vier untersuchten Städten mindestens 12.500 Menschen alleine wegen Airbnb kein Zuhause finden können“. Der Grund: Dieser Wohnraum werde an Feriengäste vermietet. Zudem seien dies „umgerechnet 750.000 Übernachtungen, die den Hoteliers ganz oder zum Teil fehlen und damit Arbeitsplätze gefährden“. Daher fordern Dehoga und die vier Mietervereine nun Zahlen für NRW.
Das könnte – neben dem Bericht, der im Rathaus erstellt wird – auch weitere Aufschlüsse für Neuss liefern. „Wir werden das Thema weiter im Blick behalten“, erklärt Karbowiak. Dabei geht es auch um die Entwicklung, die die Buchungsportale nehmen. Bereits 2015 und 2016 hatte sich die Verwaltung mit der „Zweckentfremdung von Wohnraum“ beschäftigt, allerdings keine nennenswerten Auswirkungen durch Buchungsportale auf den Wohnungsmarkt festgestellt.
Verändert hat sich allerdings die Hotel- und Zimmerbuchung. Neuss Marketing war unlängst zu dem Schluss gelangt, dass der Einfluss von Online-Portalen in diesem Segment deutlich spürbar sei. „Die Vertriebskanäle sind vielfältiger geworden“, betont Geschäftsführer Jürgen Sturm. Dies zeigen Portale wie Airbnb, booking.com, hotel.de oder hrs.de. Neuss Marketing sieht dies allerdings völlig neutral. „Das ist einfach eine allgemeine Entwicklung“, sagt Sturm.