Export im Rhein-Kreis Neuss Unternehmen der Region rüsten sich für harten Brexit
Rhein-Kreis. · Laut IHK-Umfrage gehen viele Firmen davon aus, dass die Verhandlungen zwischen Großbritannien und der EU über ein Handelsabkommen scheitern.
(abu) Der Abwärtstrend ist deutlich: Seit dem Brexit-Referendum 2016 ist das Vereinigte Königreich vom drittwichtigsten Exportmarkt Deutschlands auf Rang acht abgerutscht. Und Corona hat das sogar noch verstärkt. Im ersten Halbjahr 2020 brachen die Ausfuhren dorthin mit minus 23,2 Prozent im Vergleich zum corona-bedingten Rückgang der Ausfuhren in die übrigen EU-Länder (minus 14,3 Prozent) überproportional an. Das geht aus dem Außenwirtschaftsreport 2020 des Deutschen Industrie- und Handelskammertages hervor. Erschwerend kommt hinzu, dass die Verhandlungen zwischen der Europäischen Union und Großbritannien über ein Handelsabkommen ins Stocken geraten sind.
Die Auswirkungen sind spürbar. Die Unternehmer in der Region Düsseldorf/ Mittlerer Niederrhein gehen mehrheitlich nicht mehr von einer Einigung der beiden Parteien aus, sondern rechnen mit einem harten Brexit. Das geht aus einer Umfrage der Industrie- und Handelskammer (IHK) hervor. „Wir sehen allerdings auch: Viele Betriebe haben dies bereits eingepreist“, erklärt Jürgen Steinmetz, Hauptgeschäftsführer der IHK Mittlerer Niederrhein. „Deutlich weniger Betriebe als bei einer Umfrage vor einem Jahr befürchten negative Folgen eines ungeregelten Austritts Großbritanniens.“
71 Prozent der Betriebe am Mittleren Niederrhein rechnen nicht damit, dass ein Abkommen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich erzielt wird. Die Großhändler sind noch relativ optimistisch. Von ihnen rechnet immerhin ein Drittel mit einem positiven Abschluss der Gespräche. „Zwar hoffen die Unternehmen noch auf eine Einigung, aber sie haben sich inzwischen auch schon mit dem Worst Case auseinandergesetzt“, erklärt Steinmetz.
Unternehmen haben sich auf
den harten Brexit vorbereitet
Die Zahl der Betriebe, die derzeit mit negativen Auswirkungen des Austritts des Vereinigten Königreichs aus dem Binnenmarkt rechnen, liegt bei 20 Prozent. Vor einem Jahr waren es gut 30 Prozent. „Die Unternehmer hatten Zeit, sich auf die Lage vorzubereiten“, erläutert Steinmetz. „Viele haben die Übergangszeit genutzt, um ihre Geschäftsbeziehungen anzupassen, und vielfach sind die negativen Auswirkungen schon spürbar geworden.“
Ob harter oder weicher Brexit – die IHK-Umfrage zeigt, dass der Austritt Großbritanniens den Geschäftsbeziehungen zwischen den Unternehmen der Region und dem Vereinigten Königreich schadet. Im Frühsommer hatten 37 Prozent der Industrieunternehmen Großbritannien als wesentliches Exportziel benannt. Inzwischen sagen dies nur noch 24 Prozent. „Die Zahlen könnten Anhaltspunkte sein, dass die traditionell gute Partnerschaft unserer Unternehmen mit Großbritannien unter dem Brexit leiden könnte – das wäre sehr bedauerlich“, erklärt Steinmetz. „Umso wichtiger ist es, nach dem Austritt aus dem Binnenmarkt mittelfristig praktikable Lösungen für Warenverkehr und Handel zu finden, etwa in Form eines Freihandelsabkommens.“