Auto-Trends von der CES Sauber, schlau und schillernd
Die Autoindustrie steckt in der Krise? Auf der Elektronikmesse CES in Las Vegas will die PS-Branche ein anderes Bild zeigen – mit schillernden Studien, sauberen Antrieben und schlauem Infotainment. Wie überzeugend ist das?
Der Abgasskandal, die Sorge ums Klima und der Kriechgang bei der fälligen Transformation – all das hat die PS-Giganten zuletzt als schwerfällige Dinosaurier erscheinen lassen, die auf der Strecke zu bleiben drohen. Doch die Dinos schlagen zurück.
Die Branche zeigte sich auf der Elektronikmesse CES in Las Vegas, die am Freitag endete, fit for future: Spektakuläre Studien, saubere Antriebe, schlaue Assistenten und Infotainment-Lösungen sollen beweisen, dass das Auto genau wie seine etablierten Hersteller durchaus eine Zukunft haben.
Nirgendwo wird das so deutlich wie am Mercedes-Stand: Dort schillert die Vision AVTR im Rampenlicht und predigt inspiriert vom Hollywood-Hit „Avatar“ den Frieden zwischen Technik und Umwelt: Ein von der Natur inspiriertes Design, ein emissionsloser Elektroantrieb, eine fast schon organische Verbindung von Mensch und Maschine und eine Batterie, die man kompostieren kann. Das soll dieses ferne Traumbild der Designer zu einer nachhaltigen Luxuslimousine machen, die nach den Worten von Mercedes-Chef Olla Källenius zwar die Grenzen des Planeten respektiert, dem Menschen in seiner individuellen Freiheit aber keine Grenzen setzt.
Während Mercedes weit in die Zukunft blickt und dabei fast schon philosophisch wird, bewahren die anderen Hersteller etwas mehr Bodenhaftung und blicken nicht ganz so weit in die Zukunft: Mit diversen Modellen geben BMW, Audi oder Chrysler einen Ausblick darauf, wie die nächste Generation von E-Autos von innen aussehen und wie sie zu bedienen sein wird. Gleichzeitig mischen sich ein paar neue Wettbewerber ein. An elektrische Start-ups wie Byton hat man sich langsam gewöhnt. Und Henrik Fisker hat zwar eine neue Firma und mit dem pfiffigen Strom-SUV Ocean auch ein neues Auto, ist aber als einstiger Chefdesigner von Aston Martin und Erfinder des Hybrid-Sportwagens Karma ein alter Bekannter.
Der Elektronikkonzern Sony zeigt mit dem Vision-S den ersten Entwurf für ein eigenes Auto. Offizielle Angaben zu den Absichten des Elektronik-Riesen gibt es auf der Messe zwar nicht. Doch glaubt kaum ein Besucher an die Serienfertigung der knapp fünf Meter langen Stromlinien-Limousine. Vielmehr wirkt das Schaustück wie ein Technologieträger, mit dem Sony sich als Zulieferer etwa für Infotainment-Lösungen ins Gespräch bringen will.
Während immer mehr neue Hersteller auf die Straße gehen, weichen die etablierten Marken in die Luft aus: Nach Audi und Mercedes hat jetzt auch Hyundai ein Flugtaxi präsentiert, das gemeinsam mit dem Fahrdienstvermittler Uber zur Serienreife entwickelt werden soll. Schon Mitte des Jahrzehnts sollen erste Testflüge starten, und binnen 15 Jahren soll sie massenhaft im Einsatz sein.
Doch die Leitmesse der Generation iPhone macht auch deutlich, dass manche Themen schnell wieder abstürzen können. Wie zum Beispiel das autonome Fahren. Sah es noch vor zwei, drei Jahren in Las Vegas noch so aus, als würde dem Autopiloten bald die Straße gehören. Mittlerweile gibt sich die Branche ernüchtert und will zumindest für den Pkw vorerst von voller Autonomie nichts mehr wissen. „Auf lange Sicht wird es vor allem stark assistierte Systeme geben, die den Komfort und die Sicherheit erhöhen, ohne den Fahrer aus der Pflicht zu lassen“, heißt es beim Zulieferer ZF aus Friedrichshafen.
Für alle weiteren Aufgaben seien die Hürden zu hoch und die Behörden zu langsam, argumentieren die Experten. Sie setzen dafür lieber auf Masse und zeigen ein Komplettsystem von Sensoren und Elektronik, mit dem der Endkundenpreis für nahezu freihändiges Autobahnfahren auf weniger als 1000 Euro sinken soll.
Bosch präsentiert eine durchsichtige Sonnenblende, die vor Blendung schützt. Bei Continental zeigen sich Armaturenbretter, deren Oberflächen schwingen und so ohne Lautsprecher Musik abspielen können. Der Sitz ZeroG-Lounger von BMW lässt sich während der Fahrt weiter nach hinten neigen als je zuvor und verspricht mehr Komfort. Man darf also gespannt sein, was die nächsten Auto-Jahre bringen.