Serie „Die EU und ich“ Was die EU für einen Düsseldorfer Blumenhändler bedeutet

Düsseldorf · „Die EU und ich“: Der 59-jährige Klaus Kiewnick importiert Blumen. Kein Problem mit Binnemarkt und Euro. Peter Hecker kennt’s noch anders.

Klaus Kiewnick (links) ist seit zehn Jahren Blumenimporteur und -großhändler. Bestellung über Whatsapp, Bezahlen mit Iban – kein Problem. Peter Hecker (r.) hat noch an der niederländischen Grenze Schlange gestanden.

Foto: Juliane Kinast

Ein Mann fegt Blätter und Blumenstängel auf dem Betonboden zusammen, Sonnenlicht fällt durch die Ritzen des Rolltors. Für Klaus Kiewnick endet der Verkaufstag. Es ist 9 Uhr morgens. Um 2 Uhr klingelte sein Wecker, seit 4 Uhr ist er im Blumengroßmarkt an der Düsseldorfer Ulmenstraße, hat dort Gerbera, Germini und Calla an die Floristen gebracht. Gleich geht es in den Lieferwagen und rüber nach Holland, in die Treibhäuser und Ware für die nächste Nacht holen. Einmal über die Grenze und zurück. Bei manchen Produzenten zahlt er bar, anderen überweist er das Geld. In Zeiten gemeinsamer Währung und Iban kein Problem.

Auch für Peter Hecker geht der Arbeitstag zu Ende. Seit 2010 ist er Geschäftsführer des Blumengroßmarkts. Zuvor hat er selbst Blumen importiert – in einer Zeit ohne gemeinsame Währung, dafür mit Zoll- und Pflanzenschutzkontrollen. Seit 1980 führte er vor allem Rosen von den kanarischen Inseln ein – aber statt mit vollen Blüten und süßen Düften befasste er sich seinerzeit eher mit der Frage: Wann stehen die Peseten günstig? Vor Ostern etwa, wenn die Touristen Teneriffa überrannten und jede Menge spanisches Geld brauchten, was den Wert steigerte, konnte es sinnvoll sein, frühzeitig Peseten zu wechseln und auf einem Devisenkonto bis zum Blumeneinkauf zu horten. Dann wurden die Röslein drüben wie hüben am Flughafen vom Zoll untersucht, die Daten per Telex übermittelt. „Fax gab es ja noch nicht. Das waren meterlange gelochte Papierbänder“, erinnert sich Hecker. Und nach dem Stress kamen dann noch die Kosten.

Klaus Kiewnick schüttelt den Kopf bei dem Gedanken. „Ich habe heute nichts mit Mehrwertsteuerverrechnung zu tun, nichts mit Einfuhrzöllen“, sagt er. Sein Job als Ein-Mann-Blumenimporteur sei im Europa des Euro und des Binnenmarktes „ganz mega einfach“. Genau was er wollte: Der heute 59-Jährige hat 30 Jahre Börsenhandel inklusive drei Crashs hinter sich. Von der internationalen Finanzwelt hatte er gründlich genug, er wollte mit etwas arbeiten, das man anfassen kann und das nachwächst.

Vor zehn Jahren stieg er in den Blumenhandel ein. „Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht.“ Zu den Zeiten von Peter Hecker hätte er das „mit Sicherheit nicht“ getan. „Das ist die Gnade der späten Geburt“, witzelt der Quereinsteiger. Tatsächlich ist der 64-jährige Geschäftsführer im sehr jung besetzten Blumengroßmarkt inzwischen allein mit seinen Erinnerungen an die Fahrten zur Blumenversteigerung in die Niederlande; an das Wechseln von Gulden, weil alles bar bezahlt werden musste; an die Schlange für die Anmeldung zollpflichtiger Waren an der Grenze; an die Rampe, vor die die Lkw zur Pflanzenschutzkontrolle rollen mussten. „Da waren viele Stunden Arbeit mit verbunden“, sagt Hecker. Aber wer motzte, sei gern mal ganz hinten in die Lastwagenkolonne gestellt worden. Hinter die Tiertransporte.

Das Risiko, berichtet Hecker, lag damals immer beim Importeur: Stimmte etwas mit den Papieren oder der Ware nicht, blieb man auf seinen Kosten sitzen und fuhr ohne Blumen heim. Folge war nicht nur jede Menge Bürokratie, sondern auch ein gewisses Misstrauen gegenüber den Partnern auf der anderen Seite der Grenze. Heute, so Kiewnick, schreibe er dem Produzenten per Whatsapp: „Ich hol’ gleich 60 Eimer raus.“ Dann nehme er am Treibhaus die Ware in Empfang, bekomme seine Rechnung und starte wieder. „Für uns ist das mittlerweile selbstverständlich.“ Die Befreiung von vielen Formalitäten habe auch für einen befreiteren Umgang miteinander gesorgt. Für grenzüberschreitende Kollegialität. Hecker und Kiewnick sind sicher: Euro und Binnenmarkt haben nicht nur die Wirtschaft zusammenwachsen lassen, sondern auch die Menschen.