Ohne Konzerttätigkeit ist für viele Musiker das wichtigste finanzielle Standbein weggebrochen So erleben Musiker aus Leichlingen die Pandemie

LEICHLINGEN · Ohne Konzerttätigkeit ist für viele Musiker das wichtigste finanzielle Standbein weggebrochen. Während Orchesterangestellte noch Einnahmen haben, sieht es für Musikschullehrer und andere teilweise dramatisch aus.

Cellist Valentin Priebus hat eine Festanstellung.

Foto: Priebus

Bald ein Jahr ohne nennenswerte Konzerttätigkeit bringt Berufsmusiker zunehmend in Bedrängnis. Wohl dem, der ein zweites Standbein hat oder, noch besser, bei einem Orchester unter Vertrag steht.Valentin Priebus ist heilfroh über seine Festanstellung beim NDR Elbphilharmonieorchester in Hamburg. Der junge Cellist aus Leichlingen ist finanziell abgesichert und kann musizieren, wenn auch nicht vor Publikum und nur in kleineren Besetzungen. Am Freitag wird er um 20 Uhr auf NDR Kultur zu hören sein, wenn er mit dem Nima Quartett das Streichquintett C-Dur von Franz Schubert spielt.

Priebus weiß seine vergleichsweise komfortable Lage zu schätzen. Ehemalige Kommilitonen habe Corona übel getroffen. Aus Solidarität wurde in seinem Orchester für solche Kollegen gesammelt.

Wie Priebus schätzt sich auch Stefan Henke in Leichlingen glücklich angesichts seiner Festanstellung als Hornist im Philharmonischen Orchester Hagen. „Wir sind zwar in Kurzarbeit, aber ich bekomme ein regelmäßiges Gehalt“, sagt er. Advents-, Weihnachts- und Neujahrskonzerte vor Publikum – in der normalerweise arbeitsreichsten Zeit des Jahres – wurden abgesagt, dafür gebe es mit dem Orchester immerhin Aufnahmen ohne Publikum.

Totale Sendepause haben seine eigene Konzertreihe und Auftritte mit Ensembles. Etwa das Arion-Trio, in dem seine Frau Andrea Weigt als Sängerin beteiligt ist. Sie sei derzeit allerdings als Mitglied im WDR Rundfunkchor recht gut beschäftigt, erzählt Henke. Proben und Aufnahmen des Radiosenders laufen weiter.

Vor zwei Jahren zog Adrian Durm nach Leichlingen, wo er unter anderem an der Musikschule unterrichtet. Bis dahin hatte der klassische Saxophonist seine Brötchen vorwiegend durch Konzerttätigkeit verdient. „Ich habe schon vor Corona begonnen, mich anders auszurichten“, erzählt er. Das heißt, er unterrichtet mehr, sowohl in der Leichlinger als auch in der Rheinischen Musikschule in Köln.

Weniger Schüler im
Unterricht der Musikschule

Musikschullehrer, die wie in Leichlingen als Honorarkräfte beschäftigt sind, hatten allerdings seit März ebenfalls erhebliche Einbußen. Seine Kollegin Irmelin Sloman kann ein Liedchen davon singen. Ihre Gesangs-Schüler haben im Lockdown längst nicht alle das Online-Angebot angenommen und Präsenzunterricht abgesagt. Jede nicht erteilte Stunde macht sich für die Sängerin im Portemonnaie bemerkbar. Ebenso abgesagt Konzerte. Davon ist auch ihr Mann Thomas Palm betroffen, der als Pianist, Kammermusiker und Liedbegleiter in den vergangenen zehn Monaten wenig gefragt war. Zum Glück hat er noch eine Klavierklasse an der Düsseldorfer Robert-Schumann-Musikhochschule, wo der Unterricht aktuell wieder über Skype läuft.

Das Ehepaar ist vor Jahren aus Leichlingen ins ländliche Windeck gezogen, um sich ein zusätzliches finanzielles Standbein zu schaffen: Die Vermietung von Baumhaus und Schäferwagen als besonderes Feriendomizil. Was die Musiker als Altersvorsorge gedacht hatten, erwies sich im Corona-Jahr als Rettung, denn beantragte Künstler-Förderungen haben sie nicht erhalten. Bis November sind in beiden Unterkünften alle Termine belegt, dann kam der Lockdown mit Beherbergungsverbot. Jetzt hätten sie eine Hypothek auf das Haus aufgenommen, um die nächsten Monate zu überstehen, erzählt Sloman. „Aber wir leben noch, und andere Musiker hat es viel schlimmer getroffen. Ich kenne einige, die ihre Miete nicht mehr aufbringen können.“