Aktion Arbeiten zwischen Überholmanövern

Sprockhövel · Mitarbeiter von Straßen NRW übten das sichere Verhalten am Rande der Autobahn.

Wie man die Leitplanke richtig übersteigt, übt Lars Besoke (l.) unter Anleitung von Psychologe Sebastian Rabe.

Foto: Schwartz, Anna (as)

„Man ist jeden Abend froh, wenn man wieder heil zu Hause ist“, fasst Klaus Hempel die Gefahren seines Berufes zusammen. Er ist einer von 1900 Männern und Frauen, die auf Autobahnen, Bundes- und Landstraßen dafür sorgen, dass der Verkehr läuft.

Die Arbeitstrupps von Straßen NRW in der orangefarbenen Kleidung mit den silbernen Signalstreifen kontrollieren die Strecken, führen kleinere Reparaturen durch, pflegen das Grün in der Mitte oder an den Randstreifen oder sammeln verlorene Ladungen auf. Ein hoch gefährlicher Job, bei dem das Risiko, tödlich zu verunglücken, 13 Mal höher ist als in der gewerblichen Wirtschaft.

Ein Grund mehr, die Frauen und Männer anzuhalten, ihr eigenes Verhalten in den zahllosen prekären Situationen im täglichen Straßenverkehr kritisch zu überprüfen. Deshalb hat Straßen NRW den „Risikoparcours Straßenbetriebsdienst“ nach einem Ideenwettbewerb ins Leben gerufen. Eine Maßnahme, die zusammen mit der Unfallkasse NRW, dem NRW-Verkehrsministerium, der Hessischen sowie der Bayerischen Unfallkasse entwickelt wurde.

Wie ein solcher Sicherheitsparcours aussieht, das wurde der Presse am Freitagmorgen in der Straßenmeisterei Schwelm, in der Gevelsberger Straße in Sprockhövel demonstriert. Die Moderation hatte mit Sebastian Rabe ein Diplom-Psychologe, der sich bei seinen Ausführungen gegenüber den Arbeitern und der Presse moderner Technik, nämlich unter anderem zweier Video-Bildschirme bediente, auf denen eine Bundesstraße mit dem laufenden Verkehr vor und hinter einem LKW der Straßenmeisterei gezeigt wurde.

Geübt werden sollte dabei, den richtigen Zeitpunkt zum Aussteigen zu wählen, wobei zur Schonung von Rücken und Gelenken aufs Springen verzichtet werden soll. „Routine führt bei diesem Vorgang zur Unvorsichtigkeit“, so Sebastian Rabe, während die Zuhörer von Straßen NRW sich austauschten, wie die Geschwindigkeiten der aus beiden Seiten anrollenden PKW, LKW und Motorräder einzuschätzen sind. Tabellen helfen hier, können aber Erfahrung nicht ersetzen. „Sicherheit geht da immer vor Schnelligkeit“, konstatiert Lars Besoke.

Über Erfahrung verfügt Klaus Treimer (58) dank seiner 43-jährigen Tätigkeit als Straßenwärter („Ich habe nie etwas anderes gemacht“) zur Genüge. „Wir werden von den Autofahrern nicht mehr richtig wahrgenommen, seit jede Baufirma Signallicht verwendet und deren Arbeiter ähnliche Schutzkleidung tragen“, sagt er und klagt auch über Pöbeleien, die sie bei ihrer täglichen Arbeit über sich ergehen lassen müssen. „Es ist außerdem kaum zu fassen, wie risikoreich sich Autofahrer bei Überholmanövern selbst in kritischsten Situationen verhalten und sich selbst, andere und natürlich auch uns in Gefahr bringen.“

Beim Übersteigen der Leitplanke ist besonders Vorsicht geboten

Ist der Ausstieg aus dem Arbeitsfahrzeug problemlos verlaufen, geht es an die Sicherung der Baustellen mittels rot-weißer Pylonen und die eigentliche Arbeit, beispielsweise beim Ausbessern von Schlaglöchern, die immer im Team ausgeführt werden müssen.

Beim Übersteigen von Leitplanken appelliert Psychologe Rabe, stets auf „Drei-Punkt-Sicherung“ zu achten, nämlich sich entweder mit zwei Beinen oder zwei Armen abzusichern.

Wind und Wetter sind die Straßenwärter täglich ausgesetzt, und natürlich auch ungeschützter sommerlicher Hitze. „Wenn es so heiß ist wie im vorigen Jahr, können wir auch im T-Shirt arbeiten, aber die lange Hose mit den Signalstreifen ist Pflicht“, beleuchtet Klaus Messing einen weiteren strapaziösen Aspekt seiner Tätigkeit.

Dennoch sagt Lars Besoke (56), der erst seit zweieinhalb Jahren dabei ist: „Ich liebe meinen Beruf. Er ist abwechslungsreich, stellt einen vor immer andere Herausforderungen, und man kann jede Nacht in seinem eigenen Bett schlafen.“ Der drahtige Mittfünfziger war vorher LKW-Fahrer und in ganz Europa unterwegs.

Seit 1993 wurden allein in Nordrhein-Westfaken 19 Beschäftigte von Straßen NRW im Rahmen ihrer Tätigkeiten getötet und fast 500 Straßenwärter zum Teil schwer verletzt.