Betriebe suchen noch Verstärkung
Es gibt auf dem Ausbildungsmarkt genügend offene Stellen. Es fehlen die Bewerber.
Sprockhövel. Die Situation am Ausbildungsmarkt im Ennepe-Ruhr-Kreis hat sich in diesem Jahr entspannt, in Sprockhövel gibt es sogar ein leichtes Plus bei den Lehrstellen. „Etwa drei bis vier Prozent“ mehr Stellen als Bewerber gebe es derzeit in der Stadt, sagt der Berufsberater der Bundesagentur für Arbeit, Rasmus Keichel, auf WZ-Anfrage. Die demografische Entwicklung macht sich bemerkbar: Geburtenstarke Jahrgänge gehen in die Rente, geburtenschwächere Jahrgänge rücken in den Ausbildungsberufen nach.
Wobei diese Aussagen lediglich einen statistischen Wert haben und nicht garantieren, dass jeder Schulabgänger auch einen Ausbildungsplatz findet. Der Grund: Die Jugendlichen und Heranwachsenden konzentrieren sich nach wie vor auf die Top Ten der Ausbildungsberufe. Klappt es mit der Wunschausbildung als Kfz-Mechatroniker, Industriekaufmann, Friseurin oder Medizinische Fachangestellte nicht, fehlt bei vielen jungen Leuten noch die Bereitschaft, sich nach beruflichen Alternativen umzusehen.
Dabei kann der Nachwuchs in Deutschland zwischen rund 340 Ausbildungsberufen wählen. Bei der Südwestfälischen Industrie- und Handelskammer (IHK) sehen die Verantwortlichen die Herausforderung vor allem in der Vermittlung zwischen Angebot und Nachfrage. „Wir haben kein Problem beim Angebot an Ausbildungsstellen, sondern ein Vermittlungs-Problem“, sagt der Fachbereichsleiter Ausbildung bei der Kammer, Peter Frese. Von den Arbeitgebern könne niemand erwarten, dass sie nur die Stellen anböten, die bei den Jugendlichen und Heranwachsenden attraktiv sind. „Die jungen Leute kennen nur einen Bruchteil der Berufe“, sagt Frese.
Branchen mit teilweise flexiblen Arbeitszeiten - wie etwa der Einzelhandel oder die Gastronomie - hätten Probleme, Auszubildende zu finden. „Nicht alle Betriebe haben die Azubis, die sie brauchen“, erklärt Frese. Das Thema „Lehrstellen“ treibt derzeit Unternehmen, Arbeitsagentur, Jobcenter und Schulabgänger um, startet im August oder September doch traditionell das neue Ausbildungsjahr. Um noch weitere Azubis zu vermitteln, hatte die Arbeitsagentur in Hagen in ihrem Bezirk eine „Endspurt-Aktion“ gestartet und noch einmal die Unternehmen angeschrieben.
„Dabei haben sie uns mehr als 100 Stellen gemeldet, die bislang ungenutzt geblieben sind“, sagt IHK-Vertreter Frese. So gibt es nach Angaben des Berufsberaters Keichel zum Beispiel im Bereich der Geschäftsstelle Gevelsberg, zu der auch Sprockhövel gehört, noch sechs Lehrstellen für den Beruf des Metzgers. Im Bereich der Altenpflege waren zum 1. August noch acht Stellen vakant. Auch im Gastronomiesektor seien immer wieder Lehrstellen im Angebot. Im Juli hatte die Arbeitsagentur im Ennepe-Ruhr-Kreis 2226 Bewerber für Ausbildungsberufe, denen 1891 gemeldete Stellen gegenüberstanden. Das waren zwar immer noch mehr Anfragen als Ausbildungsjobs, aber die Schere zwischen Angebot und Nachfrage nähert sich im Vergleich zum Vorjahr an. So hatte es im Juli 2015 insgesamt 2320 Bewerber auf 1741 Stellen gegeben.
Im Geschäftsbereich Gevelsberg der Bundesagentur hatte es in diesem Juli 380 Bewerber auf 271 Stellen gegeben. 92 Ausbildungsplätze blieben unbesetzt. Wer bis jetzt keinen Ausbildungsplatz hat, sollte es nach Angaben von Berufsberater Keichel weiter versuchen. „Ich habe es schon erlebt, dass noch im Oktober Stellen vermittelt wurden“, betont er. Deshalb sollten die jungen Leute - trotz frustrierender Erfahrungen bei der Lehrstellensuche - am Ball bleiben. Zudem komme es immer wieder vor, dass angehende Azubi zwei Stellen annehmen - sagt er dann eine der beiden Ausbildungen ab, hat der Arbeitgeber eine unbesetzte Stelle, für die er kurzfristig Ersatz sucht.