Betrug — muss der Kreis zahlen?
Eine Sprockhövelerin soll als Angestellte im Jobcenter Gelder veruntreut haben.
Sprockhövel. Der Fall einer Sprockhövelerin, die Gelder des Jobcenters veruntreut haben soll, bleibt auch 2012 ein Thema.
Dass Sprockhövel in Zeiten steigender Kriminalität keine Insel der Glückseligkeit ist, dürfte niemand anzweifeln. Doch als im Sommer bekannt wurde, dass eine Sprockhöveler Angestellte des Jobcenters in Schwelm über mehrere Jahre rund eine halbe Million Euro veruntreut haben soll, war die Bestürzung groß.
Wie konnte der Betrug so lange unentdeckt bleiben? Wie war es der Frau überhaupt möglich, so viel Geld auf ihre eigenen Konten abzuzweigen? Und lassen sich alle Vorfälle überhaupt restlos aufklären? Fragen, die unter Sprockhövels Bürgern diskutiert wurden und mit denen sich die Ermittler der Polizei während des Sommers beschäftigten.
Das, was sie zutage brachten, bringt der Frau nun eine Anklage vor dem Amtsgericht Hattingen wegen Untreue in besonders schwerem Fall ein. 408 Einzeltaten konnten ihr die Ermittler nachweisen. Ihr Mann und eine weitere Mitarbeiterin stehen wegen Beihilfe ebenfalls vor Gericht.
Gemeinsam sollen sich die drei vor allem an sogenannten Eingliederungshilfen — diese bekommen Unternehmen als Prämie dafür, dass sie einen Langzeitarbeitslosen einstellen — bereichert haben. Die 54-jährige Haupttäterin soll sowohl die Langzeitarbeitslosen als auch die ganzen Vorgänge erfunden haben und zudem diverse Hilfeleistungen des Jobcenters für vermeintliche Klienten auf ihr eigenes Konto überwiesen haben.
Der Schaden den das Trio verursacht hat, wird von Staatsanwaltschaft und Jobcenter unterschiedlich beziffert. Interne Erhebungen des Jobcenters ergaben einen Gesamtschaden von 711 688,08 Euro. „Unsere Ermittlungen kommen auf einen etwas niedrigeren Wert“, sagt Staatsanwalt Hans-Werner Münker, Sprecher der Staatsanwaltschaft Hagen.
Er geht davon aus, dass der Prozess gegen die Sprockhövelerin im Februar oder März 2012 beginnen wird. Sollte sie verurteilt werden, droht ihr eine mehrjährige Freiheitsstrafe. Für den verursachten Schaden wird — vorerst — jemand anders aufkommen müssen. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) reagierte nach Bekanntwerden der Vorfälle prompt und forderte den Ennepe-Ruhr-Kreis auf, die „unsachgemäß abgerufenen Bundesmittel“ in voller Höhe zu erstatten.
Unter Vorbehalt stimmte der Kreistag zu, den geforderten Betrag an das BMAS zu überweisen. Da bislang aber noch nicht höchstrichterlich geklärt ist, ob im Fall manipulierter Zahlungen ein Erstattungsanspruch des BMAS gegen einen zugelassenen kommunalen Träger besteht, hofft der Kreis, um diese Sache herumzukommen.