Pfarrersfrau beginnt eine ganz besondere Weihnachtsgeschichte

Der Kirchgeldladen der evangelischen Gemeinde ist mehr als eine reine Verkaufsaktion.

Haßlinghausen. Nicht jede Weihnachtsgeschichte beginnt am 24. Dezember und handelt von Maria und Josef, einem Stall mit Ochs und Esel und dem Christuskind. Es gibt auch Weihnachtsgeschichten, die fangen schon viel früher an. In dieser hier spielen eine Pfarrersfrau mit einer guten Idee, viele engagierte Gemeindemitglieder und eine treue Kundschaft die Hauptrolle. Und der Anfang der Geschichte beginnt nicht in Bethlehem, sondern in Haßlinghausen — und zwar vor sechs Jahren.

Damals hatte Marlis Berger die Idee, mit dem Verkauf von Leckereien aus eigener Produktion Geld für eine Kirchenfahne zu sammeln. Mit einem Schütteln erinnert sie sich im Rückblick an das erste Jahr des Kirchgeldladens. Seinerzeit waren die selbst gemachten Köstlichkeiten im dunklen und zugigen Vorraum der evangelischen Kirche aufgebaut, die Auswahl war nicht groß und die Kunden waren fast überwiegend Gottesdienstbesucher. Doch das Ergebnis konnte sich sehen lassen — 1202,53 Euro Reingewinn brachte der Kirchgeldladen ein. Die Fahne, die von dem Geld angeschafft wurde, weht noch heute vor der Kirche und zeigt, ob sie geöffnet ist oder nicht.

Beschwingt vom Erfolg des ersten Kirchgeldladens wurde die Idee in den Folgejahren fortgeführt. Parallel zu den Freiwilligen, die den Laden durch selbst gebackene, gekochte oder gebastelte Spenden unterstützten, stiegen auch die Zahl der Kunden und die Einnahmen. Dank des Ladens sitzen die Besucher der evangelischen Kirche heute bequemer und unter besserer Beleuchtung — sie können auch über eine Rampe die Kirche erreichen. Und bald laufen sie wohl über ein neues Pflaster im Hof hinter der Kirche.

Ganze 4877 Euro hat der Kirchgeldladen in diesem Jahr eingebracht. Dafür haben Marlis Berger und ihre knapp 30 Mitstreiter eine Menge ehrenamtlicher Arbeit geleistet. Schließlich müssen die Waren nicht nur hergestellt, sondern auch verkauft werden. An jedem Wochentag und sonntags nach dem Gottesdienst waren in der Adventszeit immer mindestens zwei Ehrenamtliche in der Kirche und kümmerten sich um den Verkauf.

„Manche Besucher sind überrascht, wie groß die Auswahl ist. Andere kommen ganz gezielt, auf der Suche nach den leckeren Plätzchen vom Vorjahr“, erzählt Berger. Aprikosenmarmelade mit Chiliflocken, Honig vom Sprockhöveler Imker oder selbst aufgesetzte Liköre gibt es im Kirchgeldladen. „Allein 120 Marmeladengläser, 250 Gläser mit selbsthergestellter Wurst und 300 Tüten mit Plätzchen hatten wir im Angebot“, sagt Marlies Berger.

Mit einem Schmunzeln erinnert sie sich an eine Kundin, die gleich am ersten Verkaufstag, noch vor der Eröffnung, in der Kirche stand und unbedingt mehrere Tüten dieses leckeren Spritzgebäcks kaufen wollte. „Bei uns gibt es eben nicht die Standardplätzchen aus dem Handel, sondern Plätzchen von Sprockhöveler Hausfrauen, die ihre Rezepte im Laufe der Jahre immer weiter verfeinert haben“, erklärt Berger. Beinah ehrfürchtig erzählt sie von mehreren Päckchen filigran verzierter Pralinen. „Die sind auch handgemacht von einer Sprockhövelerin“, sagt sie und fügt mit einem Augenzwinkern hinzu: „Ich könnte sowas nicht.“

Muss sie ja auch nicht: Der Kirchgeldladen birgt die unterschiedlichsten Dinge, weil jeder beitragen kann, was er möchte und was ihm gut gelingt. Und während es bei den einen die Backkünste sind, steuern andere zum Beispiel Holz- und Metallarbeiten bei, und wieder andere stellen ihre Zeit im Verkauf zur Verfügung. „Selbst für die Materialkosten müssen wir nicht aufkommen“, sagt Berger. Nie hätte sie gedacht, dass aus einer spontanen Idee eine so feste Tradition werden würde — der Kirchgeldladen in Haßlinghausen ist eben eine ganz besondere Weihnachtsgeschichte.