Beweislage bremst Kläger vor Gericht aus

Der Mann soll auf der A 43 bei hohem Tempo von einem 34-Jährigen geschnitten worden sein. Doch er selbst hatte zwischenzeitlich an Notfallbremssystem und Tempomat hantiert.

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Sprockhövel. Dass Notbremssysteme längst noch nicht perfekt ausgereift sind und zuweilen sogar Leute auf die Anklagebank bringen können, zeigte sich zuletzt am Hattinger Amtsgericht. Hier musste sich ein 34-jähriger Mann aus Lohmar gegen den Vorwurf verantworten, im vergangenen Februar auf der Autobahn 43 fahrlässig überholt und sich durch ein gefährliches Ausbremsmanöver für die Führung eines Pkw als ungeeignet erwiesen zu haben.

Der Software-Entwickler war auf dem Weg zu seinem Billardverein in Bochum, als es kurz hinter der Ausfahrt Sprockhövel plötzlich zur Konfrontation mit einem anderen Verkehrsteilnehmer kam. Dieser war gerade vom IG-Metall-Bildungszentrum mit dem Ziel seiner Heimatstadt Gronau aufgefahren und hatte kurze Zeit später auf der linken Spur zum Überholen eines Lkw angesetzt. „Plötzlich kam der mit einer deutlich höheren Geschwindigkeit von hinten angerast und betätigte Hupe und Lichthupe“, erinnerte sich der als Zeuge geladene Handwerker an die Begegnung mit dem „Raser“. Und gab zu Protokoll, direkt nach dem abgeschlossenen Überholvorgang nach rechts geschert zu sein. „Auch neben mir war er noch immer wild am gestikulieren und scherte dann plötzlich direkt vor mir ein, um mich auszubremsen“, berichtete der Zeuge und sprach von einem Abstand von schätzungsweise einem Meter.

„Das Notbremssystem meines Wagens hat daraufhin sofort eine Vollbremsung gemacht. Das ging alles so schnell, dass ich selbst gar nicht mehr hätte reagieren können“, erinnerte sich der geschockte Fahrer, der sich daraufhin das Kennzeichen merkte und die Angelegenheit später zur Anzeige brachte.

Von schätzungsweise 120 auf 90 km/h sei der Wagen abrupt heruntergebremst worden, bis der Sicherheitsabstand wieder gegeben war. Den Einwand der Verteidigung, dass automatische Bremssysteme oftmals viel zu früh auslösen und es auch ohne die Notbremsung nicht zu einem Zusammenstoß gekommen wäre, bestätigte der Zeuge ebenso zähneknirschend wie die Tatsache, dass er keine Bremslichter gesehen habe. Ferner kam vor Gericht heraus, dass es sich beim Fahrzeug des Bremsopfers um einen nagelneuen Firmenwagen handelte. So habe der Zeuge den automatischen Abstandhalter des unbekannten Gefährts während der Fahrt „auf die vollen vier Balken“ gestellt, allerdings ohne es zu wissen, was das genau bedeutet.

Zudem gab er zu, während des Lkw-Überholvorgangs erst noch den ebenfalls unbekannten Tempomat von 80 auf 120 hochreguliert zu haben und dadurch besonders lange zum Überholen gebraucht habe. Der Ausprobierdrang des Zeugen und die Entkräftung des Ausbremsvorwurfs führten zu einer Verfahrenseinstellung, allerdings unter Auflage der Zahlung einer Geldbuße in Höhe von 500 Euro an die Verkehrswacht. Der Angeklagte selbst konnte sich nicht an den Vorfall erinnern und begründete dies damit, wohl keine besondere Gefahrensituation festgestellt zu haben.