Haßlinghausen: In den Laufspuren des Papas

David Valentin ist mit elf Jahren Niedersachsenmeister – Vater Jörg trainiert ihn.

Haßlinghausen. Das Laufhemd schlabbert am schlanken Körper, die Schnürsenkel der Laufschuhe sind noch offen, doch solche Äußerlichkeiten sind David Valentin egal. Übermütig und mühelos dreht der Elfjährige für den Fotografen ein paar schnelle Runden im Garten seines Elternhauses am Landringhauser Weg, tritt zwischendurch noch vor einen Ball, der auf dem Rasen liegt.

"David, lass das doch mal sein", ruft Papa Jörg und meint damit nicht das Laufen, sondern den ganz offensichtlich unstillbaren Bewegungsdrang seines Sohns. Nur zu gerne möchte er diesen in "geordnete" Bahnen lenken. Die eigene Karriere als Läufer ist aus Verletzungsgründen seit zwei Jahren vorläufig beendet, nun konzentrieren sich die Ambitionen des 46-Jährigen sechsmaligen deutschen Seniorenmeisters über 10 000 Meter auf seinen Sohn.

Erfolge haben sich schon eingestellt. Wie einst der Vater läuft David für den TV Norden, wo die Valentins ein Ferienhaus haben. In diesem Jahr ist er in seinem Jahrgang in Niedersachsen Ranglistenerster über 1000, 2000 und 5000 Meter und Niedersachsenmeister im Crosslauf geworden, wo auch in dieser jungen Altersklasse bereits eine Konkurrenz ausgetragen wird.

"Seit er in der Jugend C ist, hat er noch kein Rennen verloren, er hat schon jetzt einen viel besseren Schritt als ich”, sagt der Vater stolz. Davon konnten sich vor einer Woche die Zuschauer beim Sprockhöveler Staffelmarathon überzeugen, wo der 1,50 Meter große Elfjährige in tollen 33:49 Minuten für die 8,5 Kilometer viele Senioren abhängte. Jörg Valentin war auf dem Fahrrad dabei, wie bei so vielen Trainingsläufen, die der Sohn viermal die Woche meist auf der alten Bahntrasse oder auf der Laufbahn in Gevelsberg nach Jugendtrainigsplänen des DLV absolviert.

"Wenn kein Fußballtag ist, laufe ich", berichtet David, der eigentlich Fußballer werden möchte. Er kickt mit Begeisterung in der D-Jugend des TuS Haßlinghausen. Da ist der Papa Präsident, David als Laufwunder im Mittelfeld.

Die größeren Erfolge stellen sich aber bei Laufwettbewerben ein. "Okay, ich habe ihn ein bisschen da hineingeschoben, aber er hat auch selbst gemerkt, dass er relativ weit vorne ist”, wehrt sich Jörg Valentin gegen den Eindruck, er könne seinem Sohn etwas aufzwingen. "Hehe”, lacht David verschmitzt, läuft in sein Zimmer und holt einen Pokal. Den hat er allerdings auf der Weihnachtsfeier der Fußballer gewonnen, doch da werden keine Unterschiede zu Lauftrophäen gemacht. "Als er auf Bornholm einen Crosslauf gewonnen hat, da war ihm das Softeis als Prämie wichtiger als die 100 Kronen und die Laufhose, die es dazu noch gab”, erzählt Jörg Valentin.

Er selbst wartet schon fast sehnsüchtig auf den Porzellanteller, den die Stadt Norden alljährlich allen ihren Sportlern verleiht, die mindestens Niedersachsenmeister geworden sind und den sich in diesem Jahr sein Sohn verdient hat. "Eigentlich wollte ich die selbst voll machen”, sagt er und deutet auf die Wand im Wintergarten, an der bereits zwölf Exemplare hängen.

Nach Norden ins Ferienhaus geht es jetzt auch im Herbsturlaub. Natürlich sind Laufdress und Schuhe im Gepäck. "Wir wollen ein bisschen an der Grundschnelligkeit feilen”, sagt der Vater. Wenn Jörg Valentin in der zweiten Ferienwoche selbst für sein Laufmagazin Spiridon unterwegs ist, dann passt ein anderes heimisches Laufwunder auf, dass David brav seine Runden dreht. Traudi Klostermann, mehrfache Seniorenmeisterin aus Ennepetal, ist auf Anregung Valentins nach Norden gezogen. Die Trainingsstrecke geht genau an ihrem Fenster vorbei.

David Valentin nimmt es gelassen. Er hat inzwischen einen Tischtennisschläger geholt und stillt an der Platte seinen Spiel- und Bewegungsdrang.