Im Sattel durch die Staaten
Sport: Markus Joswig hat sich auf lange Distanzen spezialisiert und träumt davon, die USA mit dem Rad zu durchqueren.
Sprockhövel. Zu einem, der zuletzt noch zwei Marathonläufe innerhalb von zwei Tagen absolviert hat, passt so eine Aussage eigentlich nicht. „Ich mag das Laufen nicht“, sagt Markus Joswig. Viel wohler fühlt er sich auf dem Rad oder im Wasser. Laufen sei aber nun mal beim Triathlon das „notwendige Übel“. Wobei sich der 29-Jährige, von Haus aus eigentlich Schwimmer, ja nicht mit der Normaldistanz begnügt. Joswig ist ein Ultraman.
Zehn Kilometer im Wasser, 421 Kilometer auf dem Rad und zum Abschluss noch 84 Kilometer Laufen hat er dafür im vergangenen Jahr auf Hawaii zurückgelegt. Distanzen, die Otto-Normalsportler erschrecken dürften. 25 Stunden und 36 Minuten war er dafür unterwegs — sieben Stunden schneller als bei seiner Ultraman-Premiere 2009.
Markus Joswig radelt und schwimmt lieber
„Nicht am Stück, der Wettkampf war auf insgesamt drei Tage verteilt“, erklärt der gebürtige Aachener entschuldigend, als sei es nicht auch so schon eine unglaubliche Leistung. Aber viele Herausforderungen, denen sich der Extremsportler, der an der Stadtgrenze Hattingen/Sprockhövel wohnt und für das Tri-Team Sprockhövel startet, sonst stellt, gibt’s nur an einem Stück.
„Wenn ich erzähle, was ich so mache, wollen die Leute immer wissen, wie viel Etappen das dann sind. Meist ist es aber nur eine“, sagt der Bauingenieur schmunzelnd. Bei den Texas Time Trials etwa fuhr er im vergangenen Sommer 500 Meilen, also über 800 Kilometer, 45 Stunden nonstop mit dem Rad. Bei der „TorTour“, einem Radrennen rund um die Schweiz, werden es in diesem August sogar 1000 Kilometer sein — und, was noch schlimmer werden dürfte, 15 000 Höhenmeter.
Dabei ist das alles nur Vorbereitung. Joswig hat einen Traum, das Race across America (RAAM), von der West- bis zur Ostküste der USA. 4800 Kilometer muss er dann im Sattel sitzen. Die „Quali“ hat der 29-Jährige seit 2010 in der Tasche. „Die gilt zwei Jahre.“ Doch die Texas Time Trials hätten gezeigt, dass er noch einiges tun müsse, räumt Joswig ein. Auch ein Ultraman hat vor dem RAAM gehörigen Respekt. „Ich hatte in Texas schon meine Probleme. Schlafentzug im Wettkampf kannte ich noch nicht, das muss ich jetzt lernen.“
Fast ehrfurchtsvoll erzählt er von RAAM-Rekordsieger Jure Robic. „Der ist solange am Stück gefahren, bis er buchstäblich vom Rad gefallen ist. In sieben Tagen Rennen hat er nur elf Stunden geschlafen.“ Gesund ist das sicher nicht. „Ich versuche aber immer auf meine körperlichen Grenzen zu achten“, sagt Joswig, der nebenbei auch noch ausgebildeter Skilehrer ist.
Was gefällt ihm denn an Wettbewerben, die andere nur als Torturen bezeichnen würden? Die grandiose Landschaft kann es jedenfalls nicht sein. Joswig lacht. „Davon habe ich nicht viel gehabt. Auf Hawaii läuft man zum Beispiel die ganze Zeit auf Highways durch eine Lavawüste.“ Was ihn anzieht, sind die unglaublichen Distanzen. „Man wächst da einfach rein, will immer mehr. Was Kurzes reizt mich nicht. Ich will etwas Ausgefallenes“, erklärt Joswig, der in seiner Jugend von Handball bis Kampfsport alles mögliche ausprobierte und erst vor vier Jahren bei den Langdistanzen landete.
Außerdem treffe man immer interessante Leute, „die wirklich ’was zu erzählen haben“. Vom Navy-Seal bis zum Millionär, vom Bergsteiger bis zum Sahara-Läufer, sei alles dabei. Okay, ein bisschen verrückt seien sie alle, die Ultramänner und -frauen. „Dafür sind wir wie eine Familie. Das wird bei uns großgeschrieben.“ Auch seine Freundin gehört zu dem illustren Kreis. Eine Extremsportlerin aus den USA, die er vor einigen Monaten bei einem Wettkampf kennenlernte.
Gibt’s überhaupt Herausforderungen, denen er sich nicht stellen würde. Joswig grübelt kurz. „Diese ultralangen Läufe, dafür bin ich nicht der Typ.“ Er lacht. „Da könnte ich mir eher vorstellen, den Ärmelkanal zu durchschwimmen.“