Interview: "I am Jerry" fiebern Rock am Ring entgegen
Herr Kleinert, was bedeutet der Auftritt bei Rock am Ring für Sie?
Julian Kleinert: Eigentlich wollten wir dieses Jahr ohnehin einige Festivals besuchen. Das hat aber zeitlich und organisatorisch nicht gepasst. Dass wir jetzt selber dort auftreten dürfen, ist natürlich cool. Vor allem, weil wir dort auch viele andere Bands treffen können, die wir mögen.
Ist damit ein kleiner Traum wahr geworden?
Kleinert: Auf jeden Fall. Wir haben Rock am Ring jedes Jahr vor dem Fernseher verfolgt. Jetzt sind wir selbst dabei und feiern im doppelten Sinne Premiere: Als Besucher und auf der Bühne. Zudem inspiriert das Festival unheimlich. Jedes Jahr nach Rock am Ring haben wir neue Songs geschrieben. Deshalb wollten wir unbedingt mal dahin.
Auf was dürfen sich die Zuhörer freuen? Welche Songs werden Sie dort spielen?
Kleinert: Wir dürfen 25 Minuten lang spielen. Wahrscheinlich müssen wir aber drei Minuten überziehen. Das Set mit sieben Songs steht soweit. Darunter auch „Parachute“, weil das der Song ist, der momentan im Radio gespielt wird.
Was hat sich in den vergangen Monaten rund um die Band getan?
Kleinert: Nach der Gründung 2008 haben wir viel in kleinen Clubs gespielt. Im April 2010 haben wir uns entschieden, ins Studio zu gehen und ein erstes Demo aufzunehmen. Seitdem geht es immer weiter aufwärts. Wir haben nun eine Promomappe, eine Internetseite und wurden auch mehr im Radio gespielt.
Und seit zwei Monaten geht es jetzt richtig bergauf.
Kleinert: Ja, schon seit Januar sind wir Dank der Zusammenarbeit mit Musikproduzent Benjamin Schäfer im Radio zu hören und unser Management und unsere PR-Abteilung machen viel Marketing. Wir tauchen auch häufiger in der Presse auf und spielen jetzt in renommierteren Clubs, in denen wir früher selbst unsere Lieblingsbands gesehen haben.
Sie sind also gerade am Scheideweg und müssen sich entscheiden, ob die Musik weiterhin Hobby oder mal Beruf sein soll?
Kleinert: Ja, wir haben jetzt das Abi in der Tasche. Ein Studium, das auch etwas mit Musik zu tun hat, streben einige von uns parallel an.
Bleibt da noch Freizeit, die man naturgemäß nach Ende der Schulzeit erst einmal genießt?
Kleinert: Sie wird weniger. Wir proben drei Mal die Woche und machen nebenbei alles, was so anfällt. Cover für die Demos designen, Kontakte pflegen oder Termine wie heute. Dazu haben wir in Kooperation mit der Fachhochschule Gelsenkirchen ein erstes Video gedreht.
Haben sich bereits Plattenfirmen gemeldet, die Sie unter Vertrag nehmen wollen?
Kleinert: Es gibt immer mehr Anfragen. Das Interesse wird größer, es gibt einige Produzenten, die sich melden und fragen, wie es läuft. Aber einen Vertrag gibt es noch nicht.
Ist der Schritt zum Profimusiker nicht auch riskant? Schließlich hört man von der Musikbranche, durch das illegale Herunterladen lasse sich kaum noch Geld über Plattenverkäufe verdienen. Konzerte werden immer wichtiger. Sehen Sie ihre Zukunft auch eher auf der Bühne statt im Studio?
Kleinert: Konzerte sind das Größte. Wenn der Laden rappelvoll ist, die Menge abgeht und die Leute im besten Fall sogar die Lieder mitsingen, ist es das Coolste. Grundsätzlich macht aber alles Spaß, auch im Studio zu experimentieren. Aber live zu spielen, ist der Höhepunkt.
Wie reagiert das Umfeld auf die aktuelle Entwicklung?
Kleinert: Nachdem wir jetzt den Rock-am-Ring-Vorentscheid gewonnen haben, kommen manche nicht mehr klar. Einige denken, wir hätten es schon geschafft.
Aber Sie wissen, dass das noch lange nicht der Fall ist?
Kleinert: Natürlich noch nicht. Rock am Ring ist eine super Sache, aber nur ein kleiner Schritt. Bis zur Vollendung ist es noch ein weiter Weg.
Gibt es trotz aller Euphorie einen Plan B? Können Sie sich vorstellen, die Musik wieder nur als Hobby zu betrachten?
Kleinert: Momentan nicht. Ich glaube, wenn man kontinuierlich dran bleibt, viel investiert und auf Anderes, wie Freizeit, verzichtet, kann es klappen. Andere Bands hatten auch erst nach Jahren ihren Durchbruch. Wir müssen einfach komplett hinter dem Projekt stehen.
Gibt es einen konkreten Zeitplan?
Kleinert: Nicht wirklich. Wir wollen schon im kommenden Jahr unser erstes Album herausbringen. Aber was dann genau kommt, wird die Zukunft zeigen.
Wie entstehen Songs innerhalb der Band?
Kleinert: Da wir alle unterschiedliche Musik hören, kommt immer ein unterschiedlicher Mix heraus. Das macht die Band auch aus. Würden wir alle dieselbe Musik hören, wäre es wahrscheinlich bald langweilig. Aber durch die verschiedenen Einflüsse entwickeln wir uns immer weiter. Das macht die Band vielseitig.
Welche Themen behandeln die Songs?
Kleinert: Wir verarbeiten alles mögliche in den Liedern. Auch sozialkritische Themen, wenn wir sehen, dass es manchen Menschen schlechter geht als anderen.
Aber Sie würden sich trotzdem nicht als wirklich politische Band bezeichnen?
Kleinert: Nein, auf keinen Fall. Aber wir haben zu vielen Themen einen Standpunkt, den wir auch vertreten.
Wie geht es nach Rock am Ring weiter?
Kleinert: Danach spielen wir im Movie-Park in Bottrop, im September wollen wir dann auf Tour gehen.