Offene Kirche: Anekdoten vom Aufwecker

Geschichten aus einer bewegten Vergangenheit der Kirche in Niedersprockhövel.

Niedersprockhövel. Viele Kommunen und kreisfreie Städte sind pleite. Das wirkt sich stark auf das Leben der Bürger dieser Städte aus. Auf welch hohem Niveau aber gemeckert wird, zeigt sich immer dann, wenn aus wirklich schwierigen Zeiten berichtet wird. So auch am gestrigen Ostermontag in der evangelischen Kirche an der Hauptstraße.

Anlässlich der "Local Hero"-Woche erzählte Ulrich Sdroyek vom Heimat- und Geschichtsverein die bewegte Geschichte der Kirche in Niedersprockhövel.

Die 1785 erbaute Kirche musste lange ohne Verglasung auskommen. Selbst als 1804 ein aufwändiger Altar im Gotteshaus erbaut wurde, hatte die Gemeinde noch nicht genug Geld, um die Fenster der Kirche zu schließen. So froren bei Gottesdiensten und Messen im Winter Pastor und Zuhörer gleichermaßen.

Wenn es stürmte, mussten Gebets- und Gesangbücher gut festgehalten werden. Erst 1807 - mehr als 20 Jahre nach Erbauung der Kirche - hatte die Gemeinde genug Geld gesammelt, um die Fenster mit Glas zu verschließen.

Mehr als 60 Sprockhöveler hörten am Ostermontag diese und andere Anekdoten über die Kirche. Darunter viele Familien, die bereits am Mittag auf den Rad- und Wanderwegen zwischen Schee und Bossel Ostereier gesucht hatten. Kurz vor Ende seines Vortrags, schlug Ulrich Sdroyek doch noch die Brücke zur "Local Hero"-Woche - ein Zusammenhang, der vorher kaum ersichtlich war.

Mitte des 20. Jahrhunderts war in der Kirche ein sogenannter Aufwecker beschäftigt. Bei den teilweise mehrere Stunden dauernden Predigten war er dafür zuständig, die Zuhörer wach zu halten. Dazu benutzte er einen langen Stab, an dem ein Nagel befestigt war.

Wer einschlief, wurde gepiekst. Dazu stellte Sdroyek die Frage, wer in dieser Geschichte der lokale Held sei und beantwortete die Frage gleich selbst: Als kleine Helden können die damaligen Kirchengänger bezeichnet werden, die die Nadelstiche ertrugen. Aber auch die Pastoren, die dieses unwürdige Schauspiel von der Kanzel aus beobachten mussten.

Im Anschluss an den Vortrag hatten die Sprockhöveler Besucher noch die Gelegenheit zusammen mit Ulrich Sdroyek den Turm der Kirche zu besichtigen. Dazu spielte das Bläserensemble Sprockhövel und es wurden kleine Speisen verkauft. Der Erlös daraus kommt den Kirchengemeinden zugute.