Auszeichnung Sport für alle: TV Haßlinghausen gewinnt den Heimatpreis

Sprockhövel · Vielfältiges Angebot für Menschen mit geistiger Behinderung.

Einmal im Jahr gibt es ein großes inklusives Fußballturnier. 2023 kamen Mannschaften aus Unna, Kamen, Asbeck, Witten, Velbert und Wuppertal nach Sprockhövel.

Foto: TV Haßlinghausen

Ging im vorigen Jahr der Sprockhöveler Heimatpreis an Hans-Gert Burggräfe für sein Engagement für die plattdeutsche Sprache, so hatte die Jury in diesem Jahr eine ganz andere Art vom Dienst an Heimat und Mitmenschen im Blickpunkt: Nämlich die Abteilung des TV Haßlinghausen, die sich mit der Arbeit für und mit Menschen mit geistiger Behinderung und deren Integration einsetzt. Und da fällt das Schlaglicht natürlich sofort auf das Ehepaar Erika und Harald Rohleder, die vor 37 Jahren, nämlich 1986, zunächst einen Sportkurs für die Menschen mit geistigem Handicap ins Leben riefen – aus dem dann 1987 ein fester Bestandteil des TV Haßlinghausen wurde.

„Unser Ziel war es, Menschen mit geistiger Behinderung in einen ganz normalen Sportverein zu integrieren und ihnen damit die Möglichkeit zu geben, so wie alle anderen Jugendlichen auch, Sport im Verein zu betreiben“, erklärt Erika Rohleder, einst Sportlehrerin an der Wuppertaler Förderschule an der Melanchtonstraße am Fuße des Nordparks. Aus den anfänglich 15 jungen Sportlern wurden bis heute mehr als 100 Menschen im Alter von 15 bis 70 Jahren.

Für sie hat sich nicht nur das Angebot an Freizeitgestaltung vergrößert, sondern auch die Zahl der Betreuer und Übungsleiter. Darunter etwa Ewa Nalasek, die „Moto-Therapeutin“, die seit 18 Jahren mit Freude dabei ist. Und Janosch Seibel, der als angehender Gymnastiklehrer auch im Behindertensport hospitierte. So kam er zum TV Haßlinghausen. „Das hat mir so viel Spaß gemacht, dass ich dabeigeblieben bin und eine Ausbildung zum Förderschullehrer absolviert habe.“ Übungsleiter sind auch Harald Rohleder, Martin Juretko und Volker Lindemann.

Die waren auch dabei, als 2023 das jährliche große Fußballturnier für Menschen mit geistiger Behinderung und teilnehmenden Teams aus Unna, Kamen, Asbeck, Witten, Velbert und Wuppertal auf der Sportanlage des TV Haßlinghausen stattfand. „Wir haben uns unheimlich gefreut, dass unsere Bürgermeisterin Sabine Noll von Beginn an bis zum Abpfiff dabei war“, so Erika Rohleder.

Sport wird auch in anderer Form groß geschrieben, nämlich beim Jogging oder beim Erwerb des eigens kreierten Sportabzeichens für Menschen mit geistigem Handicap, das oft auch mit körperlichen Beeinträchtigungen einhergeht. „Gerade hier sind Erfolge nicht nur Grund zur Freude, sondern heben auch das Selbstwertgefühl der Menschen mit geistiger Behinderung“, weiß Erika Rohleder. Die Sportabzeichen werden dann bei der von den Weihnachtsfeier feierlich überreicht, die die Teilnehmer selbst gestalten.

Die Sportler sind voll ins Vereinsleben integriert

Die Übungsleiter und Betreuer sind nicht allein an der körperlichen Ertüchtigung ihrer Schützlinge interessiert: Sie sind nicht nur beim Sport an jedem Freitag ab 16.30 Uhr dabei, wenn sich alle im Jugendheim des TV Haßlinghausen, seitlich der Haßlinghauser Sporthalle, treffen. Sie waren auch am Freitag als kundige Zuschauer vor Ort, als es im Jugendheim des TVH besonders hoch her ging: beim 30. Mensch-ärgere-dich-nicht-Turnier. Das Spiel mit den einfachen Regeln bringt nach wie vor die Gemüter der Aktiven in Wallung: Jubel, wenn man eine Sechs gewürfelt hat, mehr noch, wenn man den Gegner am Tisch „rauswerfen“ kann, möglichst unmittelbar vor Erreichen des Ziels, oder selbst seine vier Spielfiguren ins sichere Häuschen gebracht hat.

Um die Gemüter zu beruhigen und für Stärkung zu sorgen, gab es Nudelsalat, Würstchen und Apfelschorle, ehe der Kampf ums gegenseitige Rausschmeißen weiter ging. Ein großer Spaß für Mitwirkende und Zuschauer, wobei Ewa Nasalek allerdings mehr an der Zubereitung der Speisen als mit Zuschauen beschäftigt war. Und am Ende des dramatischen Geschehens am Mensch-ärger-dich-nicht-Feld gab es einen eigens entworfenen Pokal für den Sieger.

Dass die Mitglieder mit geistiger Behinderung voll ins Vereinsleben integriert sind, zeigt sich bei Vereinsfesten oder mit den anderen zusammen besuchten Vereins- und Stadtmeisterschaften. Das dürfte auch ein Grund sein, weshalb die Jury den TVH mit dem diesjährigen Heimatpreis ausgezeichnet hat.

Begegnungsstätte und Gartenverein ausgezeichnet

Auf dem zweiten Platz landete der Förderverein der Begegnungsstätte Niederstüter, bei dem das Motto „Miteinander, füreinander, Freundschaft und Nachbarschaft“ im Vordergrund steht. Der 20 Jahre alte Verein am Gedulderweg 80 sieht sich als ein Ort des heiteren Miteinanders.

„Für unsere Mitglieder bieten wir Platz zum Feiern mit rund 60 Sitzplätzen, einer vollausgerüsteten Theke und Küche und einem großzügigen Außengelände“, verrät der Vereinsvorsitzende Thomas Wegemann und weist auf den Februar 2024 hin, wenn wieder jeden zweiten Freitag im Monat die Türen zu einem offenen Treff geöffnet werden. „Um da teilzunehmen, besteht keine Mitgliedspflicht. Da geht es uns darum, fröhliche Kontakte und ein zwangloses Miteinander mit der Nachbarschaft zu pflegen.“

Dritter beim Heimatpreis wurde der Verein der Gartenfreunde Sprockhövel, der seit 90 Jahren besteht. „Der Verein hat sich nicht nur um die privaten Gärten verdient gemacht, sondern auch ein Stück Stadtgeschichte geschrieben. Unsere Aktivitäten sind über das gesamte Jahr verteilt“, so Ellen Langewiesche, die Geschäftsführerin, und zählt dabei Baumschnittkurse, Pflanzenaustauschbörse, Herbstfest, Konzertveranstaltungen und Fahrten zu Blumen- oder Gemüseanbaubetrieben auf, die sich alle großer Beliebtheit erfreuen. „Wir haben 372 Mitglieder, Ehepaare zählen als ein Mitglied, und sind einer der größten Nicht-Sportvereine in Sprockhövel.“