Tag der Autobahnkirche: Kritik an Gesellschafts-„Egoismus“

Bochum (dpa/lnw) - Mit Gottesdiensten in vielen der 47 deutschen Autobahnkirchen haben die evangelische und katholische Kirche am Sonntag für ihre Gotteshäuser am Autobahnrand geworben. Seit den 1960er Jahren bieten die Kirchen den Reisenden und auch Berufstätigen einen Ort der Einkehr und kurzen Rast.

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Die evangelische Autobahnkirche Ruhr an der A40-Abfahrt Bochum-Hamme hatte die immer wieder zu Tage tretenden Aggressionen vieler Autofahrer als zentrales Thema unter dem gewagten Titel: „Stinkefinger im Ferienstau“.

„Grundproblem ist der Egoismus, der um sich greift, nicht nur im Straßenverkehr, sondern auch gesamtgesellschaftlich“, führte Gastprediger Alfred Buß (Unna), von 2004 bis 2012 Präses der Evangelischen Kirche in Westfalen, in seiner Ansprache vor rund 70 Besuchern aus. Buß nannte „Zeitdruck“ als Ursache, aber auch fehlende Vorbildfunktion. Er kritisierte mit Blick auf den Abgasskandal die Autoindustrie, die „Gewinne auf Kosten der Gesundheit anderer“ mache. Angesichts der kritischen Situationen bei Rettungseinsätzen mit fehlenden Gassen zollte Buß den Rettungsdiensten „Hochachtung und Respekt“.

Auch Reisende waren neben Polizisten und Rettungsdienstmitarbeitern unter den Gästen. Generell liegt die Besuchsdauer der Gäste laut Pfarrer Michael Otto von der Autobahnkirche Ruhr bei zehn Minuten. Die Besucher finden keine Seelsorger vor, sie können Erlebtes aber in ein „Anliegenbuch“ schreiben. In der Kirche in Bochum ist ein 1000 Seiten starker Lederband bald voll mit den Sorgen, Nöten und Gedanken der Besucher. Die Rückzugsorte der katholischen und evangelischen Kirchen an Autobahnen werden sehr unterschiedlich genutzt, manche Gotteshäuser auf Raststätten an befahrenen Reiserouten zählen bis zu 1000 Personen am Tag.