Vortrag in Vorst Haltbarkeit ist zugleich Segen und Fluch von Plastikverpackung
Vorst. · Christoph Arntz klärte über die Schädlichkeit des Kunststoffs auf.
„Man kann viel von der Politik fordern, aber unabhängig davon kann der Einzelne auch einiges für die Umwelt tun“, sagte Grünen-Sprecherin Britta Rohr am Samstagnachmittag im Papperlapapp in Vorst. Es ging um das Thema Plastik. Der Referent Christoph Arntz von „Kölle global“ hatte ein mit knapp 20 Personen nicht sonderlich großes, dafür aber ein engagiertes und interessiertes Publikum. Trotzdem konnte er mit neuen, bislang unbekannten Informationen überraschen und eine rege Diskussion auslösen.
Das Thema ist nicht neu, aber in den vergangenen Monaten ist es durch die Medien wieder verstärkt ins Bewusstsein gerückt worden: Von Plastik geht eine beachtliche Gefahr für die Umwelt aus. Die Weltmeere werden zunehmend mit Plastik vermüllt. Mikropartikel werden von den Fischen gefressen. Auch der Mensch nimmt sie auf. „Die gesundheitlichen Auswirkungen auf den Menschen sind noch weitgehend unerforscht“, erklärte Christoph Arntz.
Schätzungen zufolge verrottet Kunststoff erst nach 400 Jahren
Eigentlich sei Kunststoff ein guter Werkstoff, erfuhren die Besucher im Papperlapapp. Er sei flexibel, kostengünstig, leicht – aber auch nahezu unkaputtbar. Plastik gebe es in der jetzigen Form erst seit 65 Jahren: „Wir wissen deshalb nicht, wie lange es dauert, bis eine Kunststoffflasche verrottet ist, schätzen diesen Zeitraum auf rund 400 Jahre“, gab der Referent zu verstehen. „Zehn Prozent des Mikroplastiks wird von den Kläranlagen nicht herausgefiltert. Deutschland ist der viertgrößte Exporteur von Kunststoffabfällen“, erfuhren die Zuhörer.
Sie erfuhren außerdem, dass sich synthetische Fasern in der Waschmaschine lösen und so ins Abwasser gelangen und dass Bio-Plastik nicht in die Bio-Abfalltonne gehört, weil er sich zu langsam auflöst und deshalb aussortiert werden muss.
Die höchste Mikroplastikbelastung sei nicht etwa im Ganges in Indien nachgewiesen worden, sondern im Rhein. Eine Teetrinkerin war entsetzt über die Information, dass jeder Teebeutel mehr als 100 Teilchen Mikroplastik enthält. Christoph Arntz rüttelte mit Zahlen wie diesen auf: „Im Jahre 2030 wird in den Meeren auf eine Tonne Fisch eine Tonne Plastik kommen, im Jahr 2050 werden auf eine Tonne Fisch zwei Tonnen Plastik kommen.“ Wenn er an Coca-Cola denke, bekomme er hohen Blutdruck, gestand Arntz. Das liegt aber nicht am Koffein, sondern hat damit zu tun, dass dieser Konzern alles tue, um die Mehrwegquote so gering wie möglich zu halten. Aktuell produziere der Konzern 88 Milliarden Einwegflaschen im Jahr.
Der Fachmann ermunterte die Anwesenden, offen auf den Handel zuzugehen: „So kann man Veränderungen anstoßen.“ Er empfahl, Wasser mit einem Sodastreamer aufzubereiten und keine Wasserkästen mehr zu schleppen. Jeder Konsument solle sich auf Plastik-Diät setzen und zum Beispiel wieder Seife am Stück und nicht in Kunststoffspendern kaufen. Was man auch nicht kaufen sollte: Kaffee in Einweg-Bechern.
„Der Verzicht auf Plastik kann Spaß machen, wenn man aus jedem Einkauf im Supermarkt ein Suchspiel macht“, sagte Britta Rohr. Was ihr immer wieder auffällt: „Ich bin sonntags beim Bäcker die einzige Kundin, die eine Tüte mitbringt. „Wir sollten nicht so dogmatisch sein, nicht so hohe Anforderungen an uns selbst stellen“, mahnte eine Besucherin. Wichtig sei Aufklärung. Der Effekt setze nicht von heute auf morgen ein.
Bedauert wurde, dass es in Tönisvorst keinen Unverpackt-Laden gibt. Gleichzeitig wurde bezweifelt, ob diese Läden zukunftsträchtig seien, weil der Einkauf zu zeitaufwändig werden würde. Beklagt wurde, dass man in der Apfelstadt keine Bioäpfel kaufen könne. In den zahlreichen Hofläden gebe es zwar keine Plastikverpackungen, aber auch keine Bio-Lebensmittel.
Christoph Arntz wies auf eine höchst unbefriedigende Situation hin: „Wir haben als ein extrem reiches Land eine extrem niedrige Recycling-Quote von etwas mehr als 30 Prozent. Das Plastikproblem müsse man deshalb angehen, indem deutlich weniger dieses Stoffes produziert werde. Das erfordere beim Verbraucher einen gewissen Verzicht auf Bequemlichkeit, Gewohnheiten müssten geändert
werden.