Bürgermonitor St. Tönis Fußgänger und Radler kommen sich in die Quere

St. Tönis. · An der Willicher Straße in St. Tönis sorgt eine alte Verkehrspflasterung für Missverständnisse. Trotz Ausschilderung kommt es immer wieder zu unschönen Begegnungen zwischen Fußgängern und Radfahrern.

 Hartmut Bösche (von links), Erika Hermanns, Gerda Müller und Erika Mehn stehen auf dem kombinierten Fußgänger- und Radweg.

Hartmut Bösche (von links), Erika Hermanns, Gerda Müller und Erika Mehn stehen auf dem kombinierten Fußgänger- und Radweg.

Foto: Norbert Prümen

Fast wäre ein Fahrradfahrer mit einer Dame, die mit einem Rollator unterwegs ist, zusammengestoßen, „Das ist eine typische Situation“, sagt Hartmut Bösche und zeigt auf den Gehweg an der Willicher Straße in St. Tönis. Als Fußgänger, insbesondere als Rollatorfahrer, oder aber mit dem Kinderwagen auf dem Gehweg in Richtung Innenstadt oder wieder hinaus unterwegs, kommt es immer wieder zu kritischen Situationen mit Fahrradfahrern.

„Die Radfahrer meinen, es würde sich um einen Fuß- und Radweg handeln. Sie sind der Ansicht, dass die rötlich gepflasterte Fläche den Radfahrern vorbehalten sei und sie dort Vorfahrt hätten. Entsprechend benehmen sie sich. Sie meinen, Fußgänger anpöbeln zu müssen“, sagt Erika Mehn, die dies schon mehrfach selbst erlebt hat. Dabei ist es gar nicht so, dass der farblich gepflasterte Bereich den Radfahrern zusteht: Die Willicher Straße verfügt über einen Gehweg, auf dem Radfahren erlaubt ist. Die Beschilderung macht dies eindeutig klar. Das runde blaue Schild mit dem weißen Aufdruck einer Person mit Kind ist der entsprechende Hinweis für den reinen Gehweg. Ein kleines eckiges Schild darunter, auf dem ein Fahrrad gezeichnet ist und die Aufschrift „frei“ steht, weist lediglich darauf hin, dass der Gehweg auch von Radfahren genutzt werden darf. Eine eigene Radspur gibt es aber nicht, auch wenn der Gehweg zweifarbig gepflastert ist.

Die unterschiedliche Pflasterung stammt noch aus der Zeit, als auf der Willicher Straße Tempo 50 erlaubt war und es dort wirklich einen Rad- und Fußweg gab, der beiden Verkehrsteilnehmern eine eigene Spur zuwies. Mit der Geschwindigkeitsreduzierung auf Tempo 30 entfiel der Radweg. Laut Straßenverkehrsordnung sind Radwege in Tempo-30-Zonen nicht mehr zulässig. Die Stadt Tönisvorst änderte die Beschilderung entsprechend. Doch die Radfahrer fahren dabei nicht nur in der vorgeschriebenen Fahrtrichtung auf dem Gehweg, sondern auch gegen die vorgegebene Richtung, was die Situation verschärft.

Werbeaufsteller machen
den Gehweg schmaler

Hinzu kommt: Die dort ansässigen Einzelhändler dürfen einen Teil ihrer Auslagen auf dem Gehweg vor dem eigenen Ladenlokal aufstellen. Werbeaufsteller und Produkte machen den Gehweg damit schmaler. „Wenn man mit seinem Rollator einem solchem Hindernis ausweicht, und von hinten kommt ein Radfahrer angeschossen, wird es gefährlich“, berichtet Erika Hermanns, die schon von Radfahrern gestreift wurde. Diese Erfahrung haben auch andere Fußgänger bereits gemacht. Unfreundliche Bemerkungen seitens der Radfahrer müsse man sich des Öfteren anhören, fügt Gerda Müller an.

Gerade vor dem Hintergrund, dass auch viele Schüler, die mit dem Rad unterwegs sind, den Weg als Schulweg nutzen, kommt es zu den Schulzeiten zu teilweise brisanten Situationen. Das ist der Stadt Tönisvorst bekannt. „Wir würden gerne eine gerechte Lösung finden, aber das gestaltet sich schwierig. Für einen gesunden Mittelweg sind wir auf die Mithilfe der Bürger angewiesen: Das Zauberwort lautet Rücksichtnahme. Wenn sich jeder an die Verkehrsregeln hält und ein wenig Rücksicht nimmt, wäre das Problem gelöst“, sagt Ralf Jeromin, Leiter des Ordnungsamtes der Stadt Tönisvorst.

Was die Aufsteller des Einzelhandels auf den Gehwegen betrifft, gebe es Sondererlaubnisse. Dennoch möchte die Verwaltung das Gespräch mit den Geschäften aufnehmen, um zu schauen, wie eine Optimierung aussehen und damit eine Entschärfung der Vorkommnisse einhergehen könnte.

Auch die Autofahrer sind gefragt: Viele halten sich nämlich nicht an die Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h und gefährden damit die Radfahrer, die sich völlig zu Recht auf der Straße bewegen. Das wiederum lässt die Radler auf den Gehweg ausweichen, wo sie sich sicherer fühlen, aber auch meinen, die farbige Markierung sei ihr Revier. „Gerade zu Schulbeginn und Ende, wenn die Schüler vermehrt unterwegs sind, möchten wir größtmögliche Sicherheit für diese Verkehrsteilnehmergruppe erreichen. Das geht aber nur, wenn Autofahrer sich ebenfalls an die Spielregeln im Verkehr halten und Radfahrer auf der Straße nicht unnötig mit zu hoher Geschwindigkeit und dem ebenso wenig erlaubten dichten Überholen gefährden“, betont Jeromin.