„Ich bin glücklich“, sagt Cigdem Yavuz strahlend. Die junge Konditorin (22) sitzt am Donnerstag auf der Tribüne des Stadions am Zoo zwischen rund 2000 Menschen, die gerade gemeinsam das Fasten im muslimischen Ramadan gebrochen haben. Die Interessenvertretung Wuppertaler Moscheen hatte erstmals ins Stadion geladen, um dort öffentlich gemeinsamen das Fasten zu brechen, und ein gut organisiertes Programm mit Interviews, Musik, Gebet und einem interreligiösen Fußballspiel auf die Beine gestellt.
Cigdem Yavuz freut sich, dass sie „mit der ganzen Stadt feiern“ können, Ihre Sitznachbarin Mehtab Ülker (29), eine frisch gebackene Sozialpädagogin, sagt, es fühle sich sehr heimelig an: „So könnte es immer sein.“ Auch andere Besucher sind begeistert: „Wunderbar“, schwärmt Zahnarzthelferin Songül Beser (45). Ihr gefällt „das Miteinander“: „Ich hätte nicht gedacht, dass so viele kommen.“ Wenn es nächstes Jahr eine solche Veranstaltung gibt, will sie die katholische Kita ihrer Tochter einladen.
Ibrahim Al Jakob (26), Student für Wirtschaftsingenieurwesen aus Syrien, sagt: „Es fühlt sich gut an.“ Denn es sei seltsam, im Ramadan allein zu sein: „Es ist wichtig, mit Familien und Freunden zu feiern.“ Michaela Strukmeier (67), die mit ihrem Ehemann gekommen ist, ist keine Muslimin und sagt: „Wir genießen gern die Gastfreundschaft.“ Durch eine türkische Freundin sei sie mit muslimischen Bräuchen aufgewachsen. Ihr gefällt „die schöne Atmosphäre“ der Veranstaltung.
Ein Zeichen des Zusammenhalts setzen
Die hatte gegen 17 Uhr begonnen, als Burcu Temel, stellvertretende Vorsitzende der Interessenvertretung, und Abdulmalik Tedros von der Gemeinde „Haus des Friedens“ die ersten Besucher auf der noch lückenhaft besetzten Haupttribüne vom Rasen aus begrüßten. Mit der Feier im Stadion wollten sie „einen positiven Impuls geben“, erklärt Burcu Temel. Sie zitierte einen Koranvers, nach dem Gott die Menschen „als Völker und Stämme gemacht“ hat, „damit ihr einander kennenlernt“. Sie wollten „ein Zeichen des Zusammenhalts und des Friedens setzen“, so Burcu Temel. Und hätten sich dafür auch das Motto des WSV „Zusammen aus’m Tal“ zu eigen gemacht.
Nach dem Dank von Abdulmalik Tedros an Stadt, Politik und den WSV, dass sie die Veranstaltung ermöglicht hatten, rezitierte Imam Fehmi Cakmak aus dem Koran. Die Übersetzung der arabischen Worte fanden die Besucher auf einer Karte in einer Tüte, die beim Eingang an alle verteilt worden war. Darin fanden sich außerdem eine Dattel und ein Stück Baklava – alles appetitlich verpackt, Wasser und ein Erfrischungstuch.
Mohamed Abodahab, Vorsitzender der Interessenvertretung, erinnerte daran, dass die Wuppertaler Moschen schon seit 2008 an einem Abend im Ramadan zum öffentlichen Fastenbrechen auf den Rathausplatz einladen. „Heute probieren wir ein neues Format.“ Sie wollten Brücken bauen: „Es ist ganz wichtig, einander zu begegnen. Je mehr mitmachen, desto besser.“ Ähnlich äußerte sich Oberbürgermeister Uwe Schneidewind, Schirmherr der Veranstaltung: „Das Wichtigste ist, menschliche Begegnung zu ermöglichen“, daher sei ein Treffen im Stadion, einem Ort der Gemeinschaft, eine „tolle Initiative“.
Währenddessen hatte sich die Tribüne gefüllt, manche Besucher kamen in besonders festlicher Kleidung, und auf dem Rasen machten sich die Fußballteams warm. OB Schneidewind durfte das Spiel zwischen „Rot“ und „Gelb“ anpfeifen.
Grüße aus Berlin, Köln und Frankfurt
In gemischten Teams spielten Pfarrer und Diakone der evangelischen und katholischen Kirche, muslimische Imame sowie einige Verstärkungskräfte wie WSV-Vorstand Marvin Klotzkowsky oder der SPD-Landtagsabgeordnete Andreas Bialas. Mit Katharina Pött war auch eine Pfarrerin dabei.
Sam Burth und Jonas Jütz, die sonst als Stadionsprecher die WSV-Spiele begleiten, unterhielten das Publikum mit professionellen und launigen Kommentaren. Nach zweimal zehn Minuten stand es 4:4, daher musste ein Elfmeterschießen die Entscheidung bringen: das Team Gelb wurde dann 1. Sieger, das Team Rot 2. Sieger. Als Trophäen gab es zwei Pokale, gefüllt mit kleinen Schokofußbällen, die die Sportler gleich an Kinder verteilten.
Es folgte eine Ehrung für Gülbey Cicek, der als Ansprechpartner bei der Stadt die Arbeit der Migrantenvereine unterstützt hat: „Er hat unser Netzwerk wachsen lassen“, lobte Mohamed Abodahab. Einen weiteren musikalischen Beitrag brachte Abdullah Abodahab mit mehreren islamischen Liedern.
Ein Zuschauer berichtete spontan, dass sein Post zu der Veranstaltung in den Sozialen Medien viele Reaktionen bekommen hat: „Ich habe Grüße aus Berlin, Köln und Frankfurt bekommen. Die Leute sind begeistert, dass Moscheen und Stadt gemeinsam feiern.“ Man solle das schätzen: „Das ist keine Selbstverständlichkeit.“
Und dann rief gegen 18.50 Uhr der junge Muezzin Furkan Bayram mit Gesang zum Gebet, gleichzeitig kamen Helfer die Tribünentreppen herab, verteilten Lahmacun (türkische Pizza) und Linsensuppe. Die Veranstaltung ging in lockeres Beisammensein über, es wurde gegessen und sich unterhalten.
Den Abschluss bildete ein Gebet. Zahlreiche Männer versammelten sich dazu auf dem Stadionrasen, auf dem zuvor eine große Plane ausgebreitet worden war. Zum Gesang des Vorbeters beteten auch einige Frauen an ihren Plätzen auf der Tribüne. Gegen 19.30 Uhr löste sich die Veranstaltung in Plaudern, Packen und Abschiednehmen auf.