Finanzen Abwassergebühren sind „Schlag ins Gesicht“
Kaum eine andere Stadt ist so teuer bei den Gebühren wie Wuppertal. Haus und Grund prangert die Kosten an - und die Folgen für die Stadt.
Wuppertal. Wuppertal ist wieder einmal ganz oben — bei den hohen Gebühren. Das stellt eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft im Auftrag von Haus und Grund fest. Wuppertal liegt bei den Abwassergebühren demnach auf Platz 97 von 100. Für die Studie wurden die Abwassergebühren für eine vierköpfige Musterfamilie berechnet — in Wuppertal liegen die Kosten demnach bei 833,33 Euro pro Jahr. In Ludwigsburg, der günstigsten Stadt, liegen sie bei 261,81 Euro. In Solingen (Platz 82) liegen die Kosten bei 655,97 Euro und in Remscheid (73) bei 590,42 Euro.
Haus und Grund-Vorsitzender Hermann-Josef Richter sagt, das sei ein „erneuter Schlag ins Gesicht“. Das gelte vor allem für Haus- und Wohnungsbesitzer, aber auch für Mieter, an die die Kosten weitergegeben werden. „Es sind nicht die Mieten, die das Leben hier teuer machen, sondern die Nebenkosten“, sagt Richter mit Blick auf die Frischwassergebühren, die für Abwasser und auch in der bangen Erwartung, dass die Grundsteuer B angehoben werden könnte und seit 2010 schon um 26,5 Prozent erhoben worden sei. Richter fragt, ob die Stadt richtig wirtschafte, wenn die Gebühren so viel höher seien als in anderen Städten.
Er sieht die hohen Gebühren, die Wuppertal in allen Bereichen erhebt, als Wettbewerbsnachteil gegenüber den anderen Städten in der Umgebung. „Für uns ist relevant, wo die Leute in der Region hinziehen.“ Wuppertal habe zwar viele Leerstände und günstige Mieten, verliere aber an Attraktivität durch die hohen Nebenkosten. Haus und Grund-Geschäftsführerin Silke Kessel sagt, die Nebenkosten lägen hier teilweise bei 50 Prozent der Kaltmiete. „Wünschenswert wären 30 Prozent, inklusive Heizung.“ Wuppertal liegt also deutlich über dem Idealzustand — und über dem Durchschnitt (494 Euro).
Das sei auch insofern problematisch, als Mietkosten für Leistungsempfänger nach einem NRW-Durchschnittswert berechnet würden, erklärt Silke Kessel. Weil die Kosten in Wuppertal aber allesamt teurer seien als anderswo, käme es hier fast zwangsläufig zu Nachforderungen — und das führe häufig zu Problemen mit dem Jobcenter oder Sozialamt und könne zu monatelangen Rechtsstreitigkeiten führen.
Richter sieht generell Probleme bei der Akzeptanz der hohen Gebühren, vor allem seit die Stadt die Wasserversorgung von den Stadtwerken übernommen hat. Er fordert zumindest mehr „Transparenz und Ehrlichkeit“ bei der Auflistung der Gebühren. Die seien für die Bürger nicht nachzuvollziehen. Gerade weil viele eine „Flut“ von Gebührenabgaben- und -änderungsbescheiden bekämen. Er plädiert für einen eigenen Wasserbescheid, der auch die kalkulatorischen Zinsen und Abschreibungsgebühren beinhaltet.
Stadtkämmerer Johannes Slawig weiß um die Höhe der Gebühren. „Das ist nicht zu bestreiten.“ Er erklärt diese aber mit vier Gründen. Da sei als erstes die Topografie, die Höhenunterschiede, die durch Pumpen überwunden werden müssten. Hinzu käme, dass Wuppertal eine große Fläche, gemessen an der Einwohnerzahl, habe. Außerdem habe die Stadt in den vergangenen Jahren viel investiert, etwa 150 Millionen Euro in den Wuppersammler, den Kanal für Oberflächenwasser. Weiter führt Slawig an, dass Wuppertal auf 95 Prozent des Stadtgebietes ein getrenntes Leitungssystem für Regen- und Schmutzwasser habe — also fast die doppelte Menge an Leitungen. Das sei mit dem entsprechenden Aufwand verbunden, sagt er.
Auch wenn die Gebühren hier hoch seien, seien die Gebühren — trotz anderer Tendenz — in Wuppertal seit 2013 nicht gestiegen. Die Kosten seien auch vom Verwaltungsgericht als korrekt anerkannt worden. Berechnungsfehler schließt Slawig also aus. Er sagt aber, dass die Abrechnungspraxis nicht übersichtlich sei. Die Stadt diskutiere gerade darüber, ob die Frisch- und Abwassergebühren in einem separaten Bescheid zusammengefasst werden können.