Gesellschaft und Soziales Aktion Wärmewinter in Wuppertal: Kirche hat 2700 Bedürftige beraten

Wuppertal · Zum Tag der Armut findet Diakonie-Geschäftsführerin Hoffmann klare Worte.

Diakonie und Kirche werden zunehmend mit dem Thema Kinderarmut konfrontiert.

Foto: dpa/Christian Hager

In Wuppertal geraten immer mehr Menschen in Armut und sind auf die Hilfe von Diakonie und Kirche angewiesen. Das sei insbesondere beim Beratungsangebot „Wärmewinter“ spürbar, erklärt Diakonie-Geschäftsführerin Bärbel Hoffmann aus Anlass des „Internationalen Tages zur Überwindung der Armut“ am heutigen 17. Oktober.

Angesichts gestiegener Energie- und Lebensmittelpreise in Folge des Ukrainekriegs hatten Diakonie und evangelischer Kirchenkreis die Aktion Wärmewinter Anfang 2023 gestartet. Inzwischen sei sie zu einem nachhaltigen und notwendigen Hilfsangebot geworden, betont die Geschäftsführerin der Diakonie Wuppertal – Kinder – Jugend – Familie GgmbH. „Wir geben dort Starthilfe für ein besseres Leben.“

Scham spielt
bei der Beratung eine Rolle

Über 2700 Beratungen fanden von Anfang Januar 2023 bis Ende September 2024 im Rahmen der Wärmewinter-Aktion statt. An drei Standorten in Wichlinghausen, Elberfeld-Mitte und Vohwinkel stehen Fachleute der Diakonie in ehrenamtlichem Engagement bereit, um bei der oftmals komplizierten Beantragung staatlicher Mittel wie Wohngeld oder Kinderzuschlägen zu helfen. Häufig entsteht der Kontakt über die Kirchengemeinden, die bedürftige Menschen auf das Beratungsangebot aufmerksam machen.

Wo die Bearbeitung der Anträge durch die Behörden länger dauert, werden Überbrückungsgelder aus einem Fonds des Kirchenkreises gezahlt. „Im Beratungsangebot des Wärmewinters sehen wir die vielen Facetten von Armut“, erklärt Bärbel Hoffmann.

Sie reichen von Alleinerziehenden und Eltern mit niedrigem Einkommen, die keinen Betreuungsplatz für ihre Kinder finden und deshalb nur in Teilzeit oder gar nicht arbeiten können, bis hin zu älteren Frauen, die von ihrer Rente die gestiegene Miete nicht mehr zahlen können.

Viele kommen verschämt in die Beratung, weil sie Angst vor Diskriminierung haben, beobachtet die Diakonie-Geschäftsführerin. „Mich ärgert, dass ihnen in Politik und Medien zunehmend unterstellt wird, den Sozialstaat auszunutzen. Wir haben es hier mit Menschen in Not zu tun, die ein Recht auf Unterstützung haben, und dazu konnten wir vielen verhelfen.“

Neben Geld aus dem Fonds des Kirchenkreises und Spendengeldern standen für das Beratungsangebot im Jahr 2023 noch rund 350 000 Euro aus dem Stärkungspaket NRW zur Verfügung. Doch diese Förderung für Menschen, die durch die hohen Energie- und Lebenshaltungskosten in Not geraten waren, wurde 2024 eingestellt. Hinzu kommt die Kürzung vieler weiterer sozialer Mittel beim Bund und Land NRW.

„Wuppertal ist eine Stadt, in der inzwischen jedes dritte Kind als arm gilt, die Wohnungslosigkeit ist gestiegen, und wir sehen hier immer mehr Menschen, die betteln, Flaschen sammeln und bei der Tafel anstehen. Gerade jetzt brauchen wir eine effektive Armutsbekämpfung und einen starken Sozialstaat“, betont Bärbel Hoffmann und ergänzt: „Wer nichts gegen Armut unternimmt, gefährdet den sozialen Frieden in diesem Land.“

Zum „Internationalen Tag zur Überwindung der Armut“ hat die Geschäftsführerin der Diakonie noch ein weiteres Anliegen: „Wir sollten nicht nur über Armut, sondern auch über Reichtum reden. In Deutschland gibt es sehr viele reiche Menschen, die mehr für den Sozialstaat tun könnten und dazu sogar bereit wären.“ Red

(Red)