Wuppertal Alkohol: Wege aus der Abhängigkeit

Das Blaue Kreuz feiert sein 125-jähriges Bestehen. Wuppertaler Gruppen bieten ein vielfältiges Programm.

Foto: G. Bartsch

Wuppertal. Am 25. Januar 1892 gründete der Barmer Pastor Gottlieb Fischer im Haus des Fabrikanten Heinrich Boller den Blaukreuz-Verein Barmen. Besonders unter den Gläubigen der evangelischen Kirche fand die Idee der Alkohol-Abstinenz schnell Freunde. Sie wollten ihre Mitmenschen vom Alkoholismus befreien. Deshalb wurde auch die im gleichen Jahr gegründete Bundeszentrale in Barmen angesiedelt — wo sie bis heute ihren Hauptsitz hat.

Die Arbeit hat sich seitdem stark verändert. „Damals war von Krankheit und Selbsthilfe noch keine Rede. Das waren zum größten Teil überzeugte Christen, die helfen wollten und eher Bibelstunden abhielten“, erzählt Jürgen Zielke-Reinhardt, Vorsitzender des Wuppertaler Ortsvereins.

Noch heute gebe es Blaukreuzler in der zweiten oder dritten Generation, die nie Kontakt zu Alkohol hatten. 1917 hatte das Blaue Kreuz in Wuppertal 1600 Mitglieder plus 600 Kinder in zwei Kindergruppen, genannt „Hoffnungsbünde“.

Heute gehören noch 83 Mitglieder zum Wuppertaler Ortsverein. 25 Ehrenamtler betreuen zwischen 100 und 120 Alkoholabhängige und deren Angehörige in verschiedenen Gruppen. Wöchentlich oder 14-tägig werden in Barmen, in Heckinghausen und Elberfeld Selbsthilfegruppen angeboten. Unter der Leitung zweier Ehrenamtler, die ausführlich fortgebildet wurden, sprechen Betroffene über ihre Probleme. Gemeinsam versuchen sie, Alternativen zum Griff zur Flasche zu finden.

Außerdem gibt es eine Wandergruppe, eine Gruppe für Glaubens- und Lebensfragen, Kaffeetreff und eine Kreativgruppe. „Wir wollen neue Möglichkeiten der Freizeitgestaltung vermitteln“, erklärt Zielke-Reinhardt.

Dazu kommt das Angebot der mGmbH Blaues Kreuz Diakoniewerk. Rund 100 Festangestellte bieten in Wuppertal psychosoziale Beratung für Betroffene und Angehörige an. In zwei betreuten Wohnheimen für Alkoholkranke in Heckinghausen und Beyenburg sowie Außenwohnplätzen werden entgiftete Betroffene an ein Leben ohne Alkohol herangeführt.

Auch die Prävention ist ein wichtiges Anliegen. Hierfür wurden das Programm samt App „blu:prevent“ und der Hashtag #vollfrei geschaffen.

„Die Jugendlichen fangen immer früher mit dem Trinken an“, sagt Zielke-Reinhardt. Deshalb sei Prävention so wichtig. Das Medienprojekt Wuppertal schuf etwa den Film „Zoey“ über ein Mädchen mit alkoholkrankem Vater. Für Kinder suchtkranker Eltern bietet das Blaue Kreuz eine eigene Gruppe an. Für alleinerziehende Betroffene gibt es einen Termin am Nachmittag mit Kinderbetreuung.

Oft sind es die Angehörigen, die zuerst beim Blauen Kreuz anrufen. 60 bis 70 Prozent der Betroffenen sind Männer. Doch die Frauen holen zunehmend auf. „Viele Betroffene wollen gar nicht einsehen, dass sie ein Problem haben“, erklärt der Experte. Viele Süchtige mischen heute Alkohol, Medikamente und Drogen. Zu Beginn der Behandlung sei die Rückfall-Wahrscheinlichkeit hoch, berichtet Zielke-Reinhardt. Deshalb seien die Selbsthilfegruppen als Stütze so wichtig.